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1801
Opfre dich selber zuvor und alles was sterblich der Muse,
Freudig im flammenden Tod fühlend den göttlichen Geist.
So hab' ich frühe gedacht und werde ja fürder so denken:
Denn wie reute den Mann, was er so männlich beschloß?
Schamlos mehret die Bücher, die schon im Druck sich erdrücken,
Tinte vergießend das Volk, immer noch tätig um Nichts.
Aber was schadet es viel? Ja wenn auch der Laie, der Sinn hat,
Weg sich wendend vom Lärm alles zusammen verdammt,
Seh' ich gelassen es an; denn ich weiß ja die alten Geschichten,
Wie es auch ehedem war, immer das Schöne verkannt.
Stellet mir selbst gegenüber den Mann, der gerüstet zum Kriege
Höher den blinkenden Stahl als die Triumphe noch ehrt.
Ja, ich sehe den Stolz in der Brust und wie alles ihn nichts dünkt,
Freudig die Fahne ihm fliegt, Taten an Taten gedrängt;
Denn ich empfinde des Herrlichen herrliches Los und beneid' es,
Hätte wohl selber, wie gern, rasch mit dem Leben gespielt,
Selber vom Auge, das lächelnd dem Freunde jetzt Freude nur leuchtet,
Mut der mutigen Schar, Schrecken dem Feinde geblitzt.
Andres beschlossen die Götter und willig nehm' ich mein Schicksal,
Trotz dem adlichen Neid, froh und zufrieden im Mut.
Nein, es verwirret mich nicht, daß so Göttliches da noch vorhanden,
Ach in jenem Bezirk, der mir auf ewig versagt.
Nur wenn die Welt den Ernst uns eitel schwatzend erwidert
Regt in der Brust sich der Grimm, ob der zu duldenden Schmach.
Besser wir bleiben für uns, in einsamer Strenge gesondert,
Als im eckeln Gemisch Wahres und Falsches zu sehn.
Wahrlich und wäre die Kunst ein Dendrit nur von besserem Leben,
Spräch' ich: wachse denn fort, wie die Natur dir gebeut,[281]
Trauend im Innern der bildenden Kraft, die wohl einst noch den Lichtpunkt,
Den der Wurm hier verlacht, strahlend zur Sonne verklärt!
Kühn drum wandl' ich auf einsamer Spur, doch kundig des Weges,
Achte nicht auf den Staub, folgend dem hellen Gestirn.
Klar erkenn' ich den Zweck und klar das ganze Verhältnis,
Alle die Häupter der Zeit, mitten im Kampf und am Ziel.
Lessing und Goethe, die haben die Kunst der Deutschen erneuert,
Mächtiger Quell warst du, würdiger Winckelmann, einst!
Was den beiden entrissen die Parze, das gab sie dem einen,
Kränzet die freundliche Stirn reichlich mit ewigem Grün.
Göttlich begeistert, vernichtend, so kamet ihr Denker von oben,
Flammet mitten ins Volk, bald dann in Wolken verhüllt.
Nimmer ja ruhte der Geist des rastlos forschenden Deutschen,
Bis er im Abgrund erfaßt schauend die Wurzel der Welt.
Anmut gab dir der Gott, und den Tiefsinn künstlicher Dichtung
Tieck, erfindsamer Freund. Werke verkünden dich laut,
Und wohl schiene bestochen mein Lob, als rühmt' ich den Bruder,
Der im gediegenen Styl kunstreich die Farben vermischt,
Rührende Trauer und Schönheit verwebt in der herzlichen Klage.
Treue Begründer der Kunst, seid mir, Poeten, gegrüßt!
Beide entzündet vereint denn der Dichtkunst blühende Iris,
Bis der leuchtende Glanz freudig die Erde umspannt!
Euch, ja nur euch verdank' ich des alten Wunsches Erfüllung,
Daß nun melodische Kraft brausend der Lippe entströmt.
Heiliger brannte die Flamme noch nie vom reinen Altare,
Als mir tief in der Brust glüht das erhabene Herz;
Und die so leicht wohl befriedigt der kleinen Vollendung sich freuen,
Alle wieg' ich sie auf durch die erfindende Kraft.
Nur an der Sprache gebrach es, wenn ihr sie nicht endlich gegeben,
Denen Aurora wohl selbst himmlische Farben verlieh.
Nachzubilden die kindlichen Spiele im Tiefsten der Seele.
O wie gesteh' ich so gern, daß ich der Freunde bedarf![282]
Denn in den Freunden nur leb' ich, verbunden auf ewig mit jenen,
Die ich dankbar genannt; göttlich begeistert mit euch
Eins zu werden gesinnt, die ich früh schon liebend umfaßte,
Deren mir einen der Tod, andre das Leben geraubt.
Fest wohl umarmt' ich den Freund, und so laßt mir die Flammen gewähren;
Denn nicht Liebe allein schlägt ja in männlicher Brust.
So wie die Guten erkannt' ich die Schlechten; verschmähend die Menge,
Wählt' ich die Stärkeren gern, tötend mit löblichem Haß.
Manchen schon traf ich, der innerlich faul, und es hat sich bestätigt,
Mancher ist tückisch gesinnt, dem ich die Larve zerbrach.
Sieben weiß ich, die ehret die Menge, für die sie auch gut sind;
Nur daß der Beßre sich täuscht, reizt mich zu heiligem Zorn.
Redlich wurden die Flachen geneckt, die wir nimmer verschonten,
Daß der geschäftige Schwarm emsig am Markte nun lärmt.
Dennoch ist freundlich mein Sinn, und wie hab' ich freudig vernommen,
Was nur der Genius sprach, oft noch von keinem erkannt?
Ja willkommen sind alle, die nur empfänglich sich zeigen;
Aber so redlich ihr's meint, höret das einzige Wort:
Freudig durchdringe euch rasch, was die herrschenden Geister gebildet,
Nur, bei den Wunden des Herrn, macht doch nicht alles gleich nach.
Auf und vernehme denn jeder die mutigen Lehren in Kürze,
Die mich das Leben gelehrt, Wahrheit und Liebe geweiht;
Willst du leben der Kunst, so könne dem Leben entsagen,
Was dem Volke so scheint, fliehen wie langsamen Tod.
Wahrheit wolltest du geben, zurück nur behalten die Liebe?
Wenn du nicht beide erkennst, ist es noch dunkel in dir.
Nicht nach dem Zweck und der Wirkung frag' und dem äußern Verhältnis,
Sondern von innen heraus bilde für sich nur das Werk.
Ehre die marmornen Männer, denn löblich sind sie von Ferne;
Doch wenn du glühend dich nahst, friert auf der Lippe das Wort.[283]
Siehst du wo Liebe verborgen, so hauch' ihr flammende Nahrung,
Daß der freudige Keim wachse zum Göttergebild.
Nicht den Schwächeren wähle zum Freund dir, um weichlich zu ruhen;
Sondern, wer gleich dir an Geist, kräftig dich regt und ergänzt.
Bücher verschlingend, wie Cato der strenge, bei nächtlicher Lampe,
Dräng' der Jahrhunderte Mark mächtig zusammen in dir.
Wie nach dem Golde im Schacht unermüdlich der Grabende suchet,
Grabe du tief in das Buch, bis du gefunden den Kern.
Jegliches werde zur Kunst dir, gebildeter, was du berührest:
Wem das Kleinste zu klein, dem ist auch Großes zu groß.
Ja, auch das Werk, das teuer erkaufte, es bleibe dir köstlich;
Aber so sehr du es liebst, gib ihm du selber den Tod,
Haltend im Auge das Werk, das der Sterblichen keiner wohl endet:
Denn von des Einzelnen Tod blüht ja des Ganzen Gebild.
Lange schon kanntest den Stoff du, den Einen, des Fülle unendlich;
Fasse nun auch ins Gemüt dieses Geheimnis der Form.
Kennst die bewegliche Drei du noch nicht und der Viere Gebilde,
Wahrlich, so wollt' es der Gott, findest du nimmer die Eins.
Schaust du geschwungen die Bahn hinaus sich verlieren ins Weltall?
Wer, was unendlich sie treibt, kennt, und die doppelte Kraft,
Mag im gefälligen Kreise noch schöner vollenden das Ganze;
Ist ja in jeglichem Kreis zwiefach die Mitte und Eins.
Lebend sei das Gebilde der Kunst, und lebend die Einheit
Wie in dem liebenden Paar Eine Seele nur schlägt.
Langsam entfaltet der Keim sich, es wachsen die Blätter und Zweige,
Bis der farbige Kelch liebend in Feuer sich schmückt.
In dem flammenden Schmuck nun der liebenden Blume erscheinet,
Was der Gedanke nicht sagt, sinnend die Seele nur fühlt.
Nur in des Lichtes Gestalt, das so golden die Sonne uns sendet,
Hüllt sich blütenbekränzt kindlich das innere Licht.
Wurde dir Blume die Welt, du selbst nur ein leuchtender Spiegel,
Fühlst du ewig das Grün frisch in lebendiger Welt,
Ahndest von mutigen Wogen umflossen denn bald das Geheimnis,
Wie das gegliederte All zeugendem Wasser entsprang,
Siehst die Natur im freudigen Tier und im Ringen der Jugend,
Siehst das schwellende Herz trunken von heißerem Blut;[284]
Und es ergreift, weil du schauest die Gottheit, die süße Begier dich,
Göttlich zeugend das Werk, ähnlich zu bilden dem All,
Daß es, unsterblich gleich ihm, in sich selber habe das Leben,
Jeglichen Schauenden auch göttlich mit Leben erfüllt.
Selig der Mann, der so Großes zu denken vermag und zu bilden,
Welches zu deuten ja kaum sterblicher Sprache vergönnt.
Ihm wird jegliche Form und alle Gewächse sein eigen,
Sinnreich kann er sie leicht bilden zur schönen Gestalt,
Höher die Formen verbinden zur Form in leichtem Gewebe,
Ewig die Spiele erneu'n, künstlich verschlungen in Eins.
Wirket denn Freunde mit fröhlichem Mut; und zum Garten der Musen
Wandelt herkulische Kraft noch die germanische Flur.
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