Vierter Auftritt.


[198] Canut, Ulfo, Godewin.


CANUT.

Tritt näher, Godewin, hier nimm dein Schwerdt zurück,

Dieß fiel aus deiner Hand durch ein gerechtes Glück.

Es war dir rühmlicher, dieß Schwerdt besiegt verlieren,

Als es zum Untergang des Nebenbürgers führen.

Brauch künftig es allein für mich und für mein Reich,

Aus Pflicht und nicht aus Zorn. Umarmt euch, liebet euch.

Den Zwist, der euch getrennt, sollt ihr nicht mehr erwähnen,

Er kostet euren Ruhm und meiner Schwester Thränen.

Der Ausfall dieses Kampfs hat keinen ganz vergnügt:

Er ist von dir verwundt, du bist von ihm besiegt.

Griff er an deinen Ruhm: nun schenkt er dir das Leben,

So viel er dir erst nahm, hat er dir itzt gegeben.

Sieht dich dein König nur für treu und tapfer an,

Was rächest du ein Wort, das dich nicht schimpfen kann?[198]

Und du, bey dem das Glück das Recht ersetzen müssen,

Denk, Ulfo, was du schon dem Godewin entrissen.

Du hast durch eine List, die kein Gesetz erlaubt,

Ein Herz, das er besaß, mit Unrecht ihm geraubt,

Den Ruff, der Helden Lohn, den man vor alles setzet,

Den hast du ohne Grund durch Schmähungen verletzet;

Und da er Rechenschaft von deinem Arm begehrt:

So hat des Kampfes Glück sich wieder ihn erklärt.

Hier stecke dir ein Ziel, die Feindschaft zu verlassen.

Wer nicht beleidigt ist, der hat kein Recht zu hassen.

Dem andern Unrecht thun, und noch sein Feind zu seyn,

Ist nur dem Volk erlaubt, für Helden zu gemein.

ULFO.

Der ist nicht mehr mein Feind, den ich schon überwunden.

Daß ich versöhnet sey, hat Godewin empfunden.

GODEWIN.

Ich weiß, ein Unglücksfall entwandte mir mein Schwerdt;

Des deinen Spitze war auf meine Brust gekehrt;

Es stund in deiner Macht das Leben mir zu nehmen;

Ich bin von dir besiegt, und darf es mich nicht schämen.

Besiegt seyn ist kein Schimpf, und stark seyn ist kein Ruhm.

Die Ehre bleibt allein des Herzens Eigenthum.

Nicht immer kann der Arm dem Muth an Stärke gleichen.

Ist dieser unbewegt, so muß doch jener weichen.

Es wich mein Arm. Du weißt, war mir das Leben lieb?

Daß du es mir geschenkt, war bloß dein eigner Trieb.

Kein Seufzer und kein Flehn hat es von dir erhalten.

Mein Herz erwartete geruhig zu erkalten.

Doch da du es verschont: so endet unser Zwist.

Der Kampf beschliesset ihn, durch den du Sieger bist.

Nach allem, was von dir zu meiner Schmach geschehen,

So sollst du, wer ich sey, aus der Versöhnung sehen;

Und treff ich nur den Weg mich dir zu zeigen an,

Gestehn, daß man besiegt noch edel bleiben kann.

CANUT.

Kommt! laßt uns dieß zum Trost auch nun Estrithen sagen.

ULFO.

Ich eil erst zu dem Heer, das du mir angetragen.


Quelle:
Johann Elias Schlegel: Ausgewählte Werke. Weimar 1963, S. 198-199.
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