|
[309] Die Vorigen. Laconius.
LACONIUS.
Hier, das ist Richards Tochter.
PRAATGERN.
Wie?
Das redt ein Schelm! Wer hat denn das gesaget.
LACONIUS.
Sie.
JUNGWITZ.
Der Mann spricht sonsten wahr.
RICHARD.
So hat man mich belogen.
LACONIUS.
Sie hats gesagt. So ists.
LEONORE.
So wär ich selbst betrogen.
RICHARD.
Komm! weiß mir deinen Arm. Laß mich doch sehn.
CHARLOTTE.
Mama.
RICHARD.
Nein! sie ists nicht. Und du! bist dus, ich seh es. Ja!
PRAATGERN.
Gut! nehmen sie sie hin, wenn sie es besser wissen.
RICHARD.
Für den Tausch wollt ich gern mein halb Vermögen missen.
PRAATGERN.
So weiß ich nichts davon, wenn sie vertauschet sind.
JUNGWITZ.
Wie leicht ergreift man auch ein Kind fürs andre Kind.
PRAATGERN.
Ey freylich!
RICHARD.
Für den Tausch bin ich ihr recht gewogen,
Sonst hätte sie mein Kind wohl selber auferzogen.
Mein Kind! kaum sah ich dich, so liebt ich dich auch schon.
Herr Jungwitz, und wie nun? Nun! heißt er doch, Herr Sohn.
JUNGWITZ.
Will Leonore nur, daß ich so heisse, leiden.
Ich bins, Herr Vater, ja! und bin es nun mit Freuden.
LEONORE.
Charlotte dauert mich, was fängt man mit ihr an?
RICHARD.
Nichts.
LACONIUS.
Gebt sie mir zur Frau, weil sie nicht reden kann.
JUNGWITZ.
Er denkt, daß wer nicht spricht, auch wenig Unruh mache,
Und eine stumme Frau, das wäre seine Sache.
RICHARD.
Ja, ja, sie schweigen drum nicht so beständig still.
Die stillste redet oft, wenn mans nicht haben will.
JUNGWITZ.
Das Paar schickt sich recht wohl. Nur Hand in Hand geschränket,
Er spricht nichts, weil er denkt, und sie, weil sie nicht denket.
RICHARD.
Wer aber lehrt hernach die Kinder reden?
PRAATGERN.
Ich!
RICHARD.
Die Heyrath ist gemacht, nur lustig!
LACONIUS.
Willst du mich?
Charlotte neigt sich.
Ausgewählte Ausgaben von
Die stumme Schönheit
|
Buchempfehlung
Epicharis ist eine freigelassene Sklavin, die von den Attentatsplänen auf Kaiser Nero wusste. Sie wird gefasst und soll unter der Folter die Namen der Täter nennen. Sie widersteht und tötet sich selbst. Nach Agrippina das zweite Nero-Drama des Autors.
162 Seiten, 8.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.
434 Seiten, 19.80 Euro