Dritte Scene.

[38] No. 11.


CARNERO.

Sein Weib? Wer hat Euch denn getraut?

No. 11½. Duett.


BARINKAY.

I.


Wer hat uns getraut?

Ei sprich!

SAFFI.

Sag' Du's!

BARINKAY.

Der Dompfaff, der hat uns getraut!

ALLE.

Der Dompfaff, der hat sie getraut! Ja, ja!

BARINKAY.

Im Dom, der uns zu Häupten blaut!

SAFFI.

O seht doch, wie herrlich, voll Glanz ihr Majestät!

BARINKAY.

Mit Sternengold,

Mit Sternengold,

So weit Ihr schaut, besä't!

SAFFI, BARINKAY.

Und mild sang die Nachtigall

Ihr Liedchen in die Nacht:

Die Liebe, die Liebe

Ist eine Himmelsmacht!

ALLE.

Ja – mild sang die Nachtigall

Ihr Liedchen in die Nacht:

Die Liebe, die Liebe

Ist eine Himmelsmacht!

CARNERO.

Und wer war Zeuge dabei?

BARINKAY.

II.


Wer Zeuge war?

Ei sprich! –[38]

SAFFI.

Sag' Du's!

BARINKAY.

Zwei Störche, die klapperten laut –

ALLE.

Zwei Störche, die klapperten laut! Ja ja!

BARINKAY.

Das Storchenpaar hat zugeschaut.

SAFFI.

Es nickten und blickten

So schlau uns Beide an!

BARINKAY.

Als sagten sie:

O liebet Euch,

Ihr seid ja Weib und Mann!

SAFFI, BARINKAY.

Vergeßt nie, – daß oft der Storch

Das Glück in's Haus gebracht, –

Wo Liebe, – ja Liebe

Daheim – die Himmelsmacht!

ALLE.

Vergeßt nie, daß oft der Storch

Das Glück in's Haus gebracht,

Wo Liebe, – ja Liebe

Daheim – die Himmelsmacht!

Sittencommissions-Couplet.

No. 12.


CARNERO.

Nur keusch und rein soll Groß und Klein

Beschaulich sich der Tugend weih'n, –

Wer sündige Triebe im Keime erstickt,

Auf den wird entzückt als Muster geblickt

Und wenn ein Weib zu stark decolletirt

Umher charmirt und scharf kokettirt

Halt' jede moralische Mannsperson

Sich hübsch in Entfernung davon.

Und weh' dem armen Erdensohn,

Spricht er der Vorschrift Hohn –

Wir erwischen ihn schon –

[:Da hilft kein Bitte[39]

Die Leviten

Liest ihm die Sittencommission:]

CHOR.

Entsetzlich! – Entsetzlich!

MIRABELLA.

Man hüte sich beim Pfänderspiel

Einander zu küssen mit Gefühl.

Und tritt im Theater auf die Bühn'

Ein Balletmädel kühn, da schaut man nicht hin –

Wer eine Frau verwegen küßt,

Die amtlich nicht die Seine ist,

Sich drängt bei Zwei'n als Dritter ein,

Die friedlich der Eh' sich erfreu'n;

Und wär' er selbst ein Reichsbaron,

Er büßt die Liaison,

Da giebt's keinen Pardon. –

[:Es faß't den Dritten

In der Mitten

Gleich die Sittencommission:]

CHOR.

O schrecklich!

ZSUPÁN.

Ein böser Fall ist jüngst passirt,

Als man die Eisbahn inspicirt.

Ein Mädel, wie's fescher kein's geben kann,

Schnallt sich Eisen an und fliegt hin auf der Bahn.

Man schaute ihr nach, ob's Eis nicht brach,

Da hörte man jäh' einen Fall und Krach.

Bums lag das Fräulein auf dem Eis,

Die Männer herum, rings im Kreis.

Man denke sich die Situation

Eine mollerte Person.

Ich sag' im Flüsterton: –

In der Mitten

[:Ausgeglitten

Vor der Sittencommission:]

No. 12½.

Werberlied.


GRAF HOMONAY.


1.


Her die Hand, es muß ja sein –[40]

Laß dein Liebchen fahren –

Trinkt mit uns vom Werberwein,

Komm' zu den Hußaren –

Hier der Csako – her den Hut –

Zieh' mit unser'n Schaaren!

Daß dein Säbel Wunder thut,

Ha, der Feind soll es erfahren!

CHOR.

Hier der Csako, her den Hut,

Zieh' mit unser'n Schaaren,

Daß Dein Säbel Wunder thut,

Ha, der Feind soll es erfahren!

Schlagt ein!

Schlagt ein!!

Hier ist Wein,

Schenket ein,

Und trinket – trinkt,

Gläser her – Vivat!

Hoch das Militär – hoch das Militär

GRAF HOMONAY.


2.


Bruder komm zum Militär,

Laß von uns Dich werben –

Komm, es muß das Ungarheer

Siegen oder sterben!

Lieber möge unser Blut

Seine Erde färben,

Eh' die Hand im Kampfe ruht,

Die uns den Feind soll verderben

CHOR.

Lieber möge unser Blut

Seine Erde färben,

etc. etc.

GRAF HOMONAY.


Csárdás.


Wir Alle wollen lustig sein

Beim vollen Glase Wein,

Beim Feuerwein, so hell' und klar

Wie liebt ihn der Hußar!

Hei![41]

Und wo der Wein nach Lust gedeiht,

Da sind zu jeder Zeit

Auch alle Mädel wunderbar!

Wie liebt sie der Hußar!

Hei!

Du, braune Kleine, zier' Dich nicht,

Das Küssen ist Hußarenpflicht;

Dein Bursch' und Du –

Ihr seid ein schmuckes Paar!

Hei!

Die Lieb' ist, wie der Wein so süß,

Dein Kuß, der ist es ganz gewiß.

Komm' her, das versteht der Hußar!


Stets sollen Liebe nur und Wein

Des Lebens Würze sein!

Ja!

Und Beide süß und klar und wahr,

So liebt sie der Hußar!

No. 13. Finale II.

Walzer-Introduction.


ALLE.

Nach Wien?!

CARNERO ironisch.

Das ist der rechte Ort für solche Schönheitskenner!

ZSUPÁN.

Auch gibt es flotte Weiber dort. –

MIRABELLA ebenso.

Auch gibt es flotte Männer –

OTTOKAR.

Dort lebt man in den Tag hinein

CARNERO.

And oft auch in die Nacht –

ARSENA.

Ich weiß davon ein Liedelein,

MIRABELLA stolz.

Ich hab' ihr's beigebracht!


[42] Walzer.


ARSENA.

I.


So voll Fröhlichkeit

Gibt es weit und breit

Keine Stadt, wie die Wienerstadt, keine so fein –

Wo so frisch und kühn

Flotte Weisen sprüh'n,

Dich erfüllt, ach die Lust nach Gesang, Weib u. Wein!

Wo das Lied erschallt

Aus dem Wienerwald,

So voll Duft wie der Mai und so herzig und treu –

Ach, so voll Gemüth

Ist nur das Wiener Lied,

Und auch nicht ein falscher Klang dabei!


Ach von keinem Schmerz

Weiß das Menschenherz

Ach ja – da schwillt die Brust

Uns vor Liebeslust!

Vor süßer Liebeslust.

Ach ja, dahin, dahin,

Laßt uns Alle zieh'n!

Wo uns immergrün

Lust und Freude blüh'n.

Wo des Lebens Pracht

Alle Freud' entfacht,

Wo die Liebe lacht

Bei Tag und Nacht!

II.


Nach dem schönen Wien,

Zieht mich Herz und Sinn,

Nach der lieblichen Stadt mit dem herrlichen Dom,

Wo der Nummer flieht,

Vor dem frohen Lied

Und versinkt in der Freude berauschendem Strom,

Wo bei Lichterglanz

Und Gesang und Tanz

Uns in Lust und in Jubel die Nächte vergeh'n –

Wo die Rebe blüht,[43]

Und heiß die Liebe glüht,

Wo alle Menschen das Leben versteh'n. –


Ja, dahin – dahin –

Laßt uns Alle zieh'n!

CARNERO flehend zum Grafen.

Noch eben in Gloria,

Von Hoheit umflossen,

Steh' ich jetzt da,

Wie ein Pudel begossen –

Bedenkt doch – seht –

Die Autorität –

Ihr versteht.

ZSUPÁN ergänzend.

Flöten geht!

MIRABELLA wüthend.

Und alles diesem Pack zu Liebe!

ARSENA.

Diese Strolche ...

MIRABELLA.

Dirnen, Schurken, Diebe!

ARSENA UND CARNERO.

Dies ehrlose Gelichter

Gehört vor den Richter!

CZIPRA erregt.

Genug! Nicht länger schweig ich mehr!

Die uns beschimpft, kommt her,

Erfahrt, daß sie, die Ihr zu kränken wagt

Euch Alle an Rang und Hoheit überragt!

Feierlich sei hier erklärt,

Daß dieses Kind nicht mir gehört.

MIRABELLA.

Nicht ihr Kind!

CHOR.

Nicht ihr Kind?

CZIPRA.

Ich habe gewacht

Bei Tag und Nacht[44]

Ueber ihr Leben!


Zum Grafen.


Herr Graf! – dem Cavalier

Vertrau ich dies Papier –

Hier trug ich's treu so manches Jahr,

Und nun wird Alles offenbar!

ALLE außer Czipra.

Ein Document,

Das Niemand kennt.

Hört, was es giebt!

GRAF HOMONAY.

Vor Euch seht Ihr – ein Fürstenkind;

ALLE ANDEREN.

Ein Fürstenkind!

SAFFI.

Was hör ich?

BARINKAY.

Wär's möglich?!

SAFFI.

O sprecht!

GRAF HOMONAY.

Erfahrt es alle: ihr Vater war

Der letzte Pascha im Ungarland.

ALLE.

Ah!!


Ensemble.


ARSENA, MIRABELLA, CZIPRA, BARINKAY, HOMONAY, OTTOKAR, ZSUPÁN UND CARNERO.

Ein Fürstenkind – ein Wunder ist gescheh'n,

Ha, sie verdient, daß wir um Gnade fleh'n –

Soeben noch Zigeunermaid,

Steht sie voll Glanz und Herrlichkeit,

Vor uns – wie wunderbar!

Als Kind des letzten Pascha's

Von Te – mes – vár!

SAFFI.

O welch ein Glück – – –

BARINKAY.

Ein Unglück ist's für mich![45]

SAFFI.

Wie soll ich das versteh'n?

BARINKAY.

Ach, von Euch muß ich geh'n!

Der armen Zigeunermaid

War mein Herz geweiht –

Euch zu begehren, darf ich nimmer wagen,

Dem Fürstenkind muß ich entsagen!

SAFFI erregt.

Du liebst mich nicht!

BARINKAY.

O wär es wahr,

Ich könnte ohne Leiden

Von hier scheiden!

SAFFI.

Wie? Du willst fort? Nicht kann ich's fassen

BARINKAY.

Weil ich Euch liebe, muß ich Euch verlassen!

SAFFI.

Mich verlassen?!

GRAF HOMONAY UND CHOR.

Bruder, komm zum Militär,

Laß von uns Dich werben,

Komm! es muß das Ungarheer

Siegen oder sterben!

Lieber möge unser Blut

Seine Erde färben,

Eh' die Hand im Kampfe ruht,

Die uns den Feind soll verderben!

ZSUPÁN, OTTOKAR, MIRABELLA, ARSENA UND CARNERO.

Bringt der Teufel die daher

Just bei uns zu werben!

Was thu' ich beim Militär?

Was thun sie beim Militär?

Ach dort werd' ich sterben!

Ach dort wird' er sterben!

Denn es wird des Feindes Muth.[46]

Uns den Buckel gerben;

Euch den Buckel gerben;

Kann o weh, wird unser Blut

Kann o weh, wird Euer Blut

Spanische Erde färben!

Schlagt ein!

BARINKAY.

Wohlan – Hußar will ich sein!

Reicht mir vom Werberwein!

Schenkt ein!


Es geschieht.


SAFFI.

O sprich das Wort nicht aus!

CZIPRA.

O bleibe doch zu Haus!

BARINKAY.

Mich reißt es in das Kampfgetriebe,

Hier Kameraden, meine Hand!

Das Leben laß' ich für die Liebe,

Die Liebe laß' ich für das Vaterland

CHOR DER SOLDATEN.

Vivat das Vaterland!

SAFFI.

Ach verlaß' mich nicht – o bleibe

BARINKAY.

Ich darf und will nicht mehr!

GRAF HOMONAY.

Sein Handschlag bindet ihn

D'rum laßt ihn zieh'n!

BARINKAY.

Leb' wohl! Leb wohl!

SAFFI erregt.

So mag er zieh'n!

HOMONAY.

Auf Wiedersehn in Wien.
[47]

Allgemeiner Schluß-Chor.


SOLDATEN.

So voll Fröhlichkeit

Gibt es weit und breit

Keine Stadt wie die Kaiserstadt keine so fein,

Wo so frisch und kühn

Flotte Weisen sprühn.

Dich erfüllt ach die Lust, nach Gesang, Weib und Wein,

Wo bei Lichterglanz,

Und Gesang und Tanz

Uns in Lust und in Jubel die Nächte vergeh'n,

Wo die Rebe blüht

Und heiß die Liebe glüht,

Wo alle Menschen das Leben versteh'n!

ZIGEUNER.

O voll Fröhlichkeit

Nach dem Kampf u. Streit

Zieh'n auch wir in die lust'ge Kaiserstadt ein,

Wo so frisch und kühn

Flotte Weisen sprühn,

Dich erfüllt ach die Lust, nach Gesang, Weib und Wein,

Wo bei Lichterglanz,

Und Gesang und Tanz

Uns in Lust und in Jubel die Nächte vergeh'n,

Wo die Rebe blüht,

Und heiß die Liebe glüht,

Wo alle Menschen das Leben versteh'n!


Bis zum Schluß des Walzers.


ZSUPÁN, OTTOKAR UND CARNERO mit grotesker Desparation.

s' Unglück kommt oft über Nacht –

Schleppen die uns in die Schlacht –

Wer hätte so was gedacht!

Ach, wie hart geschieht

Uns, wenn da Gott behüt',

Wir alle uns mit dem Feind nicht versteh'n!

O weh, – o weh –

Wir sind drin!

In der Schlacht –

Hin ist hin.

Gute Nacht!


Actus II.
[48]

Quelle:
Johann Strauß: Der Zigeunerbaron, von J. Schnitzer, Hamburg [o. J.], S. 38-49.
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