Corvey

[215] Vom Morgenglanz ist Berg und Thal erhellt;

Wie Silber scheint der glatte Strom zu gleiten,

Und Glockenklang durchtönt die duft'gen Weiten,

Verhallend bald, bald schallend fortgeschwellt.


Von freud'ger Menge wogt das bunte Feld,

Und Mann und Weib seh' ich vorüber schreiten;

Verlobte gehn vereint mit ihren Bräuten;

Den Aeltern sind die Kinder jugesellt.


Ich seh sie fort zum alten Kirchlein wallen;

Schon hör' ich fern das fromme Lied erschallen;

Die Orgel tönt, die Herzen sind entzückt.


Was säum' ich noch, auf meine Knie zu fallen,

Hier, wo so schön die weiten Tempelhallen

Der Ewige mit jeder Pracht geschmückt?

Quelle:
Ernst Schulze: Sämmtliche poetische Schriften, Band 3, Leipzig 1819–1820, S. 215-216.
Lizenz:
Kategorien: