Nachtgruß

[219] An Cäcilie.


An dem duftigen Hügel da wandl' ich so gern,

Von süßem Verlangen getrieben;

Dort blinkt mir fern

Durch die nächtlichen Schatten ein freundlicher Stern

Aus dem stillen Gemache der Lieben.


Die schimmernden Blüthen du zählest sie nicht,

Mit welchen die Nacht sich bekränzet:

Doch nimmer bricht

Durch die fliehenden Wolken ein holderes Licht,

Als dort aus der Tiefe mir glänzet.


O schlummre du süß bis des Himmels Saum

Sich schmückt mit dem Rosengewebe,

Und weich wie Flaum

Umgaukle die Wangen ein freundlicher Traum,

Daß den Engel ein Engel umschwebe.


Mich treibt es hinaus durch die dämmernde Nacht

Auf dem Pfade der Geister zu ziehen;

Wo Liebesmacht

Mit der ewigen Flamm' in dem Busen wacht,

Kann Blümlein Ruhe nicht blühen.

Quelle:
Ernst Schulze: Sämmtliche poetische Schriften, Band 4, Leipzig 1819–1820, S. 219-220.
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