Die Rittergruft zu Bucheck

[369] (Im Kanton Solothurn.)


Auf dem kahlen Hügel dort

Mit den wenig Mauern

Wohnten gute Männer einst

Wert, beim Volk zu dauern.


In Gewölben eng und schwarz

Liegen jetzt die Braven,

Können in dem dunkeln Haus

Ohne That nicht schlafen;


Lauschen aus dem stillen Grab

In den schweren Waffen:

Wie es droben lebe, macht

Ihnen stets zu schaffen.


Und wenn's übel will ergehn,

Rührt sich's in dem Berge,

Leise tönen, lauter dann

Die metallnen Särge.


Wie wenn einer lagerauf

Springet, hallen Tritte,

Wie wenn wer in Waffen geht,

Schallen dumpfe Schritte.


Wenn es solche Zeichen hört,

Steht das Volk zusammen,

Wehret sich mit Rat und That

Vor den Kriegesflammen.


Als der wilde Nachbar jüngst

Nieder von den Hügeln

Seine fremde Freiheit bracht'

Auf Gewitterflügeln:
[369]

O wie ängstlich regten sich

In der Gruft die Toten,

Hatten klirrend lang gewarnt,

Widerstand geboten.


Und wie nun das Volk sich hob,

Ruhe zu erstreiten;

Ja, da klang's wie Hieb und Stoß

In des Berges Seiten;


Tönt', ein unterirdisch Heer,

In den öden Grüften,

Wär' gestiegen gar zu gern

Hilfreich zu den Lüften.


Denn die Zwietracht lös'te bald

Alle Reihen droben;

O wie bange fingen sie

Drunten an zu toben!


Und als Alles unterlag,

Als der Fremdling siegte:

Wie sich's dort, erstickten Halls

In die Gräber schmiegte!


Wie man Waffen von sich legt,

Schweres Erz und Eisen,

Hört man unterbrochnen Klang,

Lauten Fall und leisen.


Droben im betrübten Land

Waltete der Kummer,

Drunten im verstummten Grab

Schlief auf's Neu der Schlummer.

Quelle:
Gustav Schwab: Gedichte. Leipzig [um 1880], S. 369-370.
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