Zweite Szene

[672] Feld, in der Nähe von Dunsinan.


Es treten auf mit Trommeln und Fahnen Menteth, Cathness, Angus, Lenox, Soldaten.


MENTETH.

Das Heer von England naht, geführt von Malcolm,

Seinem Ohm Siward und dem guten Macduff:

Von Rache glühn sie; denn ihr herbes Leid

Erregte wohl den abgestorbnen Greis

Zu blutig grimmem Kampf.

ANGUS.

Bei Birnams Wald,

Von dort her nahn sie, treffen wir sie wohl.

CATHNESS.

Ob Donalbain bei seinem Bruder ist?

LENOX.

Gewiß nicht, Herr; denn eine Liste hab' ich

Vom ganzen Adel. Dort ist Siwards Sohn,[672]

Und mancher glatte Jüngling, der zuerst

Die Mannheit prüft.

MENTETH.

Und was tut der Tyrann?

CATHNESS.

Das mächt'ge Dunsinan befestigt er.

Toll heißt ihn mancher; wer ihn minder haßt,

Nennt's tapfre Wut; doch ist's gewiß, er kann

Den wild empörten Zustand nicht mehr schnallen

In den Gurt der Ordnung.

ANGUS.

Jetzt empfindet er

Geheimen Mord, an seinen Händen klebend;

Jetzt straft Empörung stündlich seinen Treubruch;

Die er befehligt, handeln auf Befehl,

Aus Liebe nicht. Jetzt fühlt er seine Würde

Zu weit und lose, wie des Riesen Rock

Hängt um den dieb'schen Zwerg.

MENTETH.

Ist es ein Wunder,

Wenn sein gequälter Sinn auffährt und schaudert?

Muß all sein Fühlen sich doch selbst verdammen,

Weil's seiner Seele eignet.

CATHNESS.

Ziehn wir weiter,

Da Dienst zu weihen, wo es Lehnspflicht fordert:

Suchen wir auf das Heil des kranken Staates,

Mit ihm vergießen wir, zum Wohl des Landes,

All unser Blut.

LENOX.

So viel, daß es betaut

Die Herrscherblum', ertränkt das gift'ge Kraut.

So geh' der Zug nach Birnam!


Sie marschieren vorüber.


Quelle:
William Shakespeare: Sämtliche Werke in vier Bänden. Band 4, Berlin: Aufbau, 1975, S. 672-673.
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