Fernen

[132] In Schmerzen heilig

allem Leid Gefeite,

Da immer schwächer dir

die hellen Stimmen klangen

Des Tages, stumm dein Schicksal dich

und hart den Scharen weihte

Der Hungernden, die über öde Fluren

wunde Sehnsuchtsfinger falten –


Ist nun dein Leben Zwiesprach

mit verwunschnen Dingen,

Sturm, Geist und Dunkel

deiner Seele nahe und geliebt?

Ich fühle deinen Leib den Händen,

die ihn klammern, sich entringen

In Länder, deren Erde dürr wie Zunder

meinem Tritt entstiebt.


Nun denkt mir's

durch die brennenden versehnten

Traumaugen deiner Frohsinnsstunden,

die wie kaum erst flügge Vögel nur

Schüchterne Flügel schlagend

überm schwanken Bord des Lebens lehnten,

Und mich beströmt wie Herzblut deiner Marter

alle Qual der Kreatur.

Quelle:
Ernst Stadler: Dichtungen, Band 1, Hamburg o.J. [1954], S. 132-133.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Der Aufbruch
Der Aufbruch und ausgewählte Gedichte
Der Aufbruch und andere Gedichte
Der Aufbruch
Der Aufbruch: Gedichte