Naturgeschichtliches Alphabet

[611] A

Der Abend kommt am Tagesschluß, In Afrika gibts viel Verdruß.


B

Was in Berlin so vor sich geht, Erfährt der Bülow manchmal spät.


C

Den Cognac trinkt man gerne vieux, Den Caro beißen viele Flöh'.


D

Des David Sohn hieß Absalon, Der Dernburg wird jetzt auch bald »von«.


E

Die Elstern haben bunte Schwänz', Im Alter wird man Exzellenz.


F

Die Fürsten sieht man nur von ferne, Furunkeln hat man auch nicht gerne.


G

Die Gnade ist um Geld nicht feil, Auch Greise sind mitunter geil.
[611]

H

Der Himmel ist der Menschheit Ziel, Der Hase rammelt ziemlich viel.


I

Das Indigo ist blau, nicht rot, Der Ibsen ist jetzt auch schon tot.


K

Der Kranke wird sehr oft klistiert, Der Kaiser hat den Kleist zitiert.


L

Man wird leicht stolz als Leutenant, Die Laus stammt wohl aus Griechenland.


M

In Montenegro wird gestohlen, Die meisten Sachsen sind Mongolen.


N

Wer länger ohne Nahrung ist, Wird ganz von selber Nihilist


O

O-Beine niemand leiden kann, Der Orterer ist ein schöner Mann.


P

Der alte Pfaffe wird ein Probst, Der Pferdeapfel ist kein Obst.


Q

Es gibt viel Quallen in der See, Viel Quasselfritzen an der Spree.


R

Der Reiher speit mitunter sehr, Von Roeren hört man gar nichts mehr.


S

In Singapore sind wir fremd, Der Serbe wechselt nie das Hemd.


T

Der Tod ist dieses Lebens Ende, Die Taube kackt auf Monumente.


U

Man lasse doch den Unfug bleiben, Mit seinen Fürsten Ulk zu treiben.
[612]

V

Vampire sind gemeine Biester, Die Venus hat noch heute Priester.


W

Die Wade ist ein Teil des Leibes, Und oft die Zierde eines Weibes.


XY sind sehr verzwickt,

Auch Busch hat sich darum gedrückt.


Z

Der Zar fühlt sich in seinem Saal So bänglich wie ein Zitteraal.

Quelle:
Ludwig Thoma: Gesammelte Werke in sechs Bänden. Band 6, München 1968, S. 611-613.
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