Erstklassige Menschen

[658] Aus Berlin kam eine neue Kunde,

Die den guten Menschenfreund entsetzt,

Denn es wurde bis zu dieser Stunde

Nie so tief das Heiligste verletzt.
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Dieses schwere Unglück mußten leiden

Bankdirektorehegattens Koch.

Menschen erster Klasse sind die beiden –

Oder waren es vor kurzem noch.


Ihnen kam ein kleiner Sohn abhanden,

Ausgeblasen ward sein Lebensdocht.

Vor den Augen seiner Anverwandten

Ward die böse Greueltat vermocht.


Fürchterlich gepeinigt von dem Schinder

Ging der Knabe in den Todesschlaf.

Und man zweifelt stark, ob mehr, ob minder

Nicht die Eltern eine Schuld betraf.


Tausend Stimmen haben laut geschrieen,

Daß ein »Ja« in Deutschland widerhallt!

Nur ein einziger hat es verziehen:

Wohlgeboren der Herr Staatsanwalt.


Frägt mich einer, wie ich das erfasse?

Diese Meinung von der Elternpflicht?

– Nun, es standen Menschen erster Klasse,

Will mich recht bedünken, vor Gericht.

Quelle:
Ludwig Thoma: Gesammelte Werke in sechs Bänden. Band 6, München 1968, S. 658-659.
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