Jesuitendebatte

[679] Der Fuchs stand vor dem Hühnerstalle

Und merkte in der Winternacht,

Die Einschlupflöcher waren alle

Just seinetwegen zugemacht.


Da fing er jämmerlich zu klagen

Und bitterlich zu weinen an:

Warum wollt ihr nur mich verjagen,

Der euch doch nie ein Leids getan?


Ihr guten Hühner, hört die Bitte!

Ihr seid so viele, ich allein, –

Der kleinste Platz in eurer Mitte

Genügt, und ich will glücklich sein!


Das Federvieh hat lang beraten

Und manches wohlerfahrne Huhn

Vermeinte, was sie früher taten,

Das würden Füchse immer tun.


Doch gab es viele ganz Gerechte,

Die waren aus Prinzip dafür,

Daß keinem aus dem Tiergeschlechte

Verschlossen bleibe ihre Tür.


Kaum war die weise Tat geschehen,

War von dem ganzen Hühnerhof

Nichts mehr als das Prinzip zu sehen

Und Krallen und ein Federschwof.

Quelle:
Ludwig Thoma: Gesammelte Werke in sechs Bänden. Band 6, München 1968, S. 679-680.
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