Die Dame mit 'n Avec

[293] Alle könn sie mir, könn sie mir, könn sie mir!

Huch, die Männer!

Sie sind alle hier, alle hier, alle hier

nischt wie Penner!

Erst da tun sie mächtig fein,

laden mich zum Abend ein.

Und ich kann mich dann nicht halten,

seh ich des Monokels Glanz –:

sag den Jungen und den Alten

grad heraus beim Foxtrott-Tanz:

»Ich hab nu mal den Schwung

ins Ordinäre!

Ick bin die richtige

berliner Beere!

Und bei der Liebe hopps ick jrade wie bein Zeck

nur übern Rinnstein, Rinnstein, Rinnstein

mit 'n Avec!«


Uffn Koppenplatz, Koppenplatz, Koppenplatz

lief ick lange.

Mitn Sabberlatz, Sabberlatz, Sabberlatz –

'ck wah 'ne Range –!

Und mit vierzehn Jahren schon

ging ich bei die Konfektion.

Das war eine feine Lehre

in dem großen Modenhaus;[293]

und ich machte rasch Karriere,

aber manchmal kommt es raus – –

Ich hab nu mal den Schwung

ins Ordinäre!

Ick bin die richtige

berliner Beere!

Und bei der Liebe hopps ick jrade wie bein Zeck

nur übern Rinnstein, Rinnstein, Rinnstein

mit 'n Avec!


Fahr ick viere lang, viere lang, viere lang

Eklipage,

sitz ich ersten Rang, ersten Rang, ersten Rang

in Kleidage:

Alle Leute drehn sich rum –

Donner! die ist gar nicht dumm!

Züngelnd sitzt bei mir mein Hündchen.

Autsch! wie mein Brillantschmuck blitzt –

Aber spitze ich mein Mündchen,

weißte gleich, wer vor dir sitzt –!

Ich hab nu mal den Schwung

ins Ordinäre!

Ick bin die richtige

berliner Beere!

Und bei der Liebe hopps ick jrade wie bein Zeck

nur übern Rinnstein, Rinnstein, Rinnstein

mit 'n Avec!


  • · Theobald Tiger
    Ulk, 12.03.1920, Nr. 11.

Quelle:
Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 2, Reinbek bei Hamburg 1975, S. 293-294.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Stifter, Adalbert

Der Waldbrunnen / Der Kuß von Sentze

Der Waldbrunnen / Der Kuß von Sentze

Der Waldbrunnen »Ich habe zu zwei verschiedenen Malen ein Menschenbild gesehen, von dem ich jedes Mal glaubte, es sei das schönste, was es auf Erden gibt«, beginnt der Erzähler. Das erste Male war es seine Frau, beim zweiten Mal ein hübsches 17-jähriges Romamädchen auf einer Reise. Dann kommt aber alles ganz anders. Der Kuß von Sentze Rupert empfindet die ihm von seinem Vater als Frau vorgeschlagene Hiltiburg als kalt und hochmütig und verweigert die Eheschließung. Am Vorabend seines darauffolgenden Abschieds in den Krieg küsst ihn in der Dunkelheit eine Unbekannte, die er nicht vergessen kann. Wer ist die Schöne? Wird er sie wiedersehen?

58 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon