Die deutsche Sprachgesellschaft

[59] 1817


Gelehrte deutsche Männer,

Der deutschen Rede Kenner,

Sie reichen sich die Hand,

Die Sprache zu ergründen,

Zu regeln und zu ründen

In emsigem Verband.


Indes nun diese walten,

Bestimmen und gestalten

Der Sprache Form und Zier:

So schaffe du inwendig,

Tatkräftig und lebendig,

Gesamtes Volk, an ihr!


Ja! gib ihr du die Reinheit,

Die Klarheit und die Feinheit,

Die aus dem Herzen stammt!

Gib ihr den Schwung, die Stärke,

Die Glut, an der man merke,

Daß sie vom Geiste flammt!


An deiner Sprache rüge

Du schärfer nichts denn Lüge,

Die Wahrheit sei ihr Hort!

Verpflanz auf deine Jugend

Die deutsche Treu und Tugend

Zugleich mit deutschem Wort!


Zu buhlerischem Girren

Laß du ihn niemals kirren,

Der ernsten Sprache Klang!

Sie sei dir Wort der Treue,

Sei Stimme zarter Scheue,

Sei echter Minne Sang!


Sie diene nie am Hofe

Als Gauklerin, als Zofe,[59]

Das Lispeln taugt ihr nicht;

Sie töne stolz, sie weihe

Sich dahin, wo der Freie

Für Recht, für Freiheit spricht!


Wenn so der Sprache Mehrung,

Verbesserung und Klärung

Bei dir vonstatten geht:

So wird man sagen müssen,

Daß, wo sich Deutsche grüßen,

Der Atem Gottes weht.


Quelle:
Ludwig Uhland: Werke. Band 1, München 1980, S. 59-60.
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