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[280] Ein weiterer Bericht in den Zeitungen lautet.

Das Dunkel, welches über dem an der jugendlichen Ruth Hofmann verübten Mord schwebte, beginnt sich zu erhellen. Das Publikum wird die Kunde mit Genugtuung begrüßen, daß die Anstrengungen der Polizei zur Verhaftung des mutmaßlichen Mörders geführt haben. Es ist dies der zwanzigjährige Joachim Heinzen, wohnhaft Czernikauer Straße, ein übelbeleumundetes und dem Anschein nach geistig nicht ganz zurechnungsfähiges Individuum. Schon vor der Entdeckung der Untat hatte er durch sein Benehmen die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt; in den letzten Tagen haben sich die Verdachtsgründe derart verdichtet, daß man zu seiner Festnahme schreiten konnte. Als ihm der Polizeibeamte das Verbrechen auf den Kopf zusagte, brach er zusammen, gebärdete sich aber dann so renitent, daß man Mühe hatte, seiner Herr zu werden. In Gewahrsam verbracht, legte er ein umfassendes Geständnis ab, doch als er das Protokoll unterzeichnen sollte, nahm er alles wieder zurück und leugnete mit Verbissenheit. In seinem Wesen wechselt vertierter Stumpfsinn mit Zerknirschung und Angst. Ein Zweifel darüber, daß man es mit dem Schuldigen[280] wirklich zu tun hat, kann wohl kaum bestehen. Das erste Verhör vor dem mit dem Kriminalfall betrauten Untersuchungsrichter wird im Laufe des heutigen Tages stattfinden. Die Bewohner des Hauses Stolpische Straße sind sämtlich vernommen worden, darunter eine Persönlichkeit, deren Existenz dortselbst ein interessantes Streiflicht auf eine vielbesprochene Affäre wirst, die eine der angesehensten Familien unsrer Großindustrie betrifft.

Quelle:
Jakob Wassermann: Christian Wahnschaffe. Berlin 56-591928, S. 280-281.
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