An Köln

[84] O Köln, du große Freudenstadt,

Was sag ich noch zu deinem Ruhme?

Wie du geblüht im grauen Altertume,

So blühst du noch – die schönste Blume,

Die je geblühet hat!


Dich preis ich, Königin, allein!

Der hohe Dom ist deine Krone!

Ha! wie es rauscht an deinem Uferthrone!

Die Völker bringt dir, jeder Zone,

Der rebengrüne Rhein.


Frohlockend grüßt dich ihr Gesang;

Und rascher schlägt den Schaum der Wellen

Der Schiffer, wenn in Tönen, wunderhellen,

Herab von Kirchen und Kapellen

Erklingt der Glocken Klang;


Wenn in der Abendsonne Strahl

Die buntbemalten Fenster sprühen,

Wenn rings die alten Gotenbögen glühen

Wie Laubgewinde, die erblühen

Mit Rosen ohne Zahl.


Still schreit ich durch das graue Tor,

Dran hoch hinauf die Linden ragen;

Und prächtig steigt der Glanz aus fernen Tagen,

Der ganze Zauber deiner Sagen

Vor meinem Geist empor!
[84]

Hier ist's, wo Agrippinens Haar

Sich lockig um die Schläfen drückte,

Wo Karl Martell vom Kapitole blickte

Und wo das Schwert, das blut'ge, zückte

Durch der Normannen Schar!


Hier rief zu deiner Bürger Krieg

Das Horn in schauerlichen Klängen;

Hier sah man Panzer gegen Panzer drängen

Und deinen Overstolzen sprengen

Zum Tode und zum Sieg!


Hier schuf der Maler rüst'ge Hand

Ein Heer von schimmernden Gestalten;

Und dort sah man um Mitternacht den alten

Albertus Magnus Wache halten

Ob staub'gem Foliant!


Das war vordem! Auf ihr Gebein

Ist längst der Grabesstein gesunken.

Dein Banner weht daran; und freudetrunken

Sah ich erglühn eilf goldne Funken

Und dreier Kronen Schein!


So hat es einst auf langer Fahrt

Gewallt von deiner Hansa Masten,

Wenn Stürme wild die weißen Segel faßten

Und drauf in Golfen kam zu rasten

Die Flotte, bunt geschart.
[85]

Es sah die Welt zu ew'gem Ruhm

Stets deine Bürger es geleiten;

Drum, wie die Jahre wild verheerend schreiten,

Du stehest da, zu allen Zeiten

Ein schönes Heiligtum:


Wo Freiheit noch die Herzen schwellt

Und kühne Männer noch zu schauen;

Wo noch im Glanz von Augen, schwarz und blauen,

Die Schar der minniglichen Frauen

An echter Treue hält!


Ich singe noch; da lischt im Strom

Das Abendglühn. Um die verwehten

Kirchtürme schon die dunklen Schatten treten;

Ich eile, eh es Nacht, zu beten

In deinem hohen Dom![86]

Quelle:
Georg Weerth: Sämtliche Werke in fünf Bänden. Band 1, Berlin 1956/57, S. 84-87,90.
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