Gebet eines Irländers

[216] Sankt Patrick, großer Schutzpatron,

Du sitzt auf dem warmen Himmelsthron;

O sieh mich an mit freundlichem Sinn,

Dieweil ich ein armer Paddy bin!


Sankt Patrick, sieh, die Nacht kommt bald,

Von England weht es herüber so kalt;

O blicke auf meinen schäbigen Frack

Und auf meinen löchrigen Bettelsack!


Sankt Patrick, tu, was dir gefällt!

So groß und so schön ist ja alle Welt.

O laß mich werden, was du willt,

Nur bleiben nicht solch ein Menschenbild!


O laß mich werden ein Blümlein blau,

Dann mag ich trinken den kühlen Tau!

O laß mich werden ein braunes Reh,

Dann kann ich fressen den grünen Klee!


O laß mich werden ein stolzer Bär,

Dann geh ich im warmen Rock daher!

O laß mich werden ein schöner Schwan,

Dann wohn ich auf Strom und Ozean!


O mach aus mir einen Panther wild,

Einen Leu, daß hoch meine Mähne schwillt,

Einen Tiger, auf daß ich manch reichen Tyrann

Mit rasselnden Tatzen zerreißen kann! –
[216]

Doch, Patrick, ach, taub bleibt dein Ohr;

Der Paddy bleib ich wohl nach wie vor.

's bleibt alles wie sonst, und die Nacht ist kalt,

Und der Dan O'Connell wird dick und alt.
[217]

Quelle:
Georg Weerth: Sämtliche Werke in fünf Bänden. Band 1, Berlin 1956/57, S. 216-218.
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