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[103] Bardassa, hernach Caraffa.
BARDASSA. So hab ich die Sache am besten getroffen; ich bin von meiner Mutter dahin gehalten worden / daß ich eine Dame von Fortun heissen soll: Und da hab ich zwar am meisten dahin getrachtet / daß mir von hohen Personen möchte aufgewartet werden / welche mehrentheils jhre Affection am allertheuersten bezahlen können. Doch nunmehr haben wir die Zeit erlebet / da ein vornehmer Mann seiner Kurtzweil und seiner Courtoisie gar wohl vergessen kan. Hätt ich nun keine Banditen und keine gemeine Leute auf der Seite / so wäre mein Handwerck auf einmahl verdorben. Doch sieh da / was bekom ich da vor einen vornehmen Gast?
CARAFFA. Ach meine wertheste Gebietherin / sie vergönne mir doch einen geringen Auffenthalt in diesem Hause.[103]
BARDASSA. Jhr Gnaden / ich sehe sie vor eine solche hohe Person an / der mein geringes Hauß nicht wohl anstehen möchte.
CARAFFA. Mein Kind / ich habe vielmahls Verlangen gehabt / jhrer angenehmen Conversation zugeniessen / weil sie mir offtmahls als eine höffliche Person ist gerühmet worden: Doch nunmehr seh ich wohl / wie mich das Glück biß zu einer Zeit gesparet hat / da ich meiner schönen Gebieterin das Leben dancken soll.
BARDASSA. Ach behütte mich der Himmel / daß ich mir solche hohe Sachen einbilden solte! sonderlich in dem meine Einfalt so groß ist / daß ich aus Unwissenheit als eine unbekannte jhr Gnaden den gebürenden Respect nicht erweisen könte.
CARAFFA. Ich bin unbekannt: aber diese zwey hundert Ducaten sollen mich bekandt machen / daß ich eine einzige Wohlthat Lebenslang mit dergleichen Danckbarkeit erkennen wil.
BARDASSA. Ich entsetze mich vor diesem Geschencke / weil ich keine Gelegenheit vor mir sehe / wie solches möchte vergolten werden.
CARAFFA. Meine Schönste / ich bin der Hertzog von Caraffa / welchen der rasende Pöbel nunmehr zu einem blutigen opffer aufsuchet. Ist es nun möglich / daß ich unter dem Schatten meiner Gebieterin so lange kan verborgen bleiben / biß sich die trübe Wolcke verziehen möchte / so wil ich hier mein Hertz und mein Vermögen zu Pfande geben / daß sie allzeit die Helffte meines Glückes in jhrem Besitze haben soll.
BARDASSA. Ach weh! jhr Gnaden / warum soll so ein theures Haupt so schlecht verwahret seyn? Ich bekenne meine Schwachheit / wofern ich von dem Pöbel möchte angesprungen werden.
CARAFFA. Bey itzigen Zeiten ist ein geringes Hauß zur Sicherheit viel beqvemer als ein Fürstl. Pallast. Und also bitt ich noch einmahl / sie verdiene die Ehre / daß ein Hertzog bey jhr auf den Knien um sein Leben bitten muß?
BARDASSA. Jhr Gnaden beschämen mich mit einer Ehre / welche[104] mir zu leisten oblieget. Ich bin eine getreue Dienerin / und so lange das Bett in meiner Kammer nicht zu reden anfängt / so lange sollen jhr Gnaden keine Lebens Gefahr zubesorgen haben.
CARAFFA. Ach meine Schöne / was vor hohen Danck werde ich deswegen schuldig seyn? Doch anitzo folg ich nur / wohin mich jhr süsser Befehl begleiten wird.
BARDASSA. Die Kammer ist offen / sie verfügen sich hinein / ehe sich ein Verräther angiebt.
CARAFFA. Ich wil gehorsam seyn; unterdessen bleibt jhr mein Glücke befohlen.
Geht ab.
BARDASSA. Ja / ja / dein Glücke soll mir gar schöne befohlen seyn. Es ist nun gleich Zeit / daß mich ein Hertzog sucht / der einer Person meines gleichen niemals einen Heller zugewendet hat: Und wo ich mich noch besinnen kan / so ist mir eben aus seinem Pallast der Possen einmahl wiederfahren / daß mir ein Topff mit schwartzer Farbe gleich auff den Kopff geworffen ward. Was gilts ich wil mich bezahlt machen / ehe die Sonne wird untergehen. Ich habe doch ausser diesem Gelde wenig zuerwarten. Und was im übrigen von grossen Leuten bey schlimmer Zeit versprochen wird / das können sie bey guten Wetter desto leichter vergessen. Nun ich halt immer / da bekomm ich Gäste / welche dem lieben Herren in der Kammer das Bad und den Schlaff gesegnen werden.
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