Eilffter Aufftrit.


[160] Roderigo, Arpaja, Formaggio.


ARPAJA. Jhr Excellentz lassen uns dieses in keinen Ungnaden entgelten / daß wir so kühne sind vor derselben Augesichte zu erscheinen.

RODERIGO. Unser Ampt erfodert dieses / daß niemand ungehöret gelassen wird.

ARPAJA. Wir wissen wohl / daß uns die Gewalt des bißherigen Auffstandes mit dahin gerissen hat / daß wir auch eben dieses Verdachtes könten theilhafftig werden; Allein die meisten werden noch das Gewissen rein behalten haben / ob sie gleich der euserlichen That wegen möchten verdammlich seyn.[160]

RODERIGO. Gedencket doch an solche Sachen nicht / welche durch die allgemeine Amnestie völlig abgethan sind. Saget vielmehr / worin unser Rath euch nunmehr könte dienlich seyn.

ARPAJA. Wir haben einen Fischer-Knecht zu unserm Oberhaupt annehmen müssen / und nun sehen wir / daß ein rasender Mensch die Freyheit hat / die gantze Stadt zu verwüsten.

FORMAGGIO. Ich muß mich desto mehr schämen / weil ich sein Schwager bin: Allein so nahe die Anverwandschafft ist / so weit bin ich allezeit von seiner itzigen Thorheit entfernet / ach! euer Excellentz erbarme sich doch über diese gute Stadt / und verschaffe so viel / daß dem reissenden Thiere möchte Einhalt geschehen.

RODERIGO. Jhr guten Leute / es hat mich niemand gefraget / wie das reissende Thier loß gelassen ward: Warum soll ich nun das meiste dabey thun / da euch das Thier zu Schaden herum läufft?

ARPAJA. Ein Vater sorget auch vor das Auffnehmen seiner Kinder / wenn sie den Untergang verdient haben.

FORMAGGIO. Und wer aus Unverstande sündiget / dem wird nicht unbillich durch fremden Verstand geholffen.

RODERIGO. Worinn soll aber die Hülffe bestehen?

ARPAJA. Jhr Excellentz geben nur Befehl / daß der rasende Mensch an Ketten geleget wird.

FORMAGGIO. Wir begehren nicht / daß er solte mit einiger Grausamkeit tractiret werden: Allein es geschiehet sein bestes / wenn er so weit in Verwahrung genommen wird / daß er weder sich / noch andern Schaden zufügen kan.

RODERIGO. Jhr guten Leute / wir können euch nicht helffen; denn es möchte das Ansehen haben / als wenn unsere Gewalt den jüngsten Vergleich wieder um stossen wolte: solte es aber möglich seyn / daß der rasende Mensch in ein Kloster zur Ruhe könte gebracht werden / so hätte sich alsdenn ein jedweder auf unsere Gnade zuverlassen. Ich bitte nur selbst / man thue dem Menschen keine Gewalt an / der von dem Volcke und auch von dem Hofe so viel Ehre genossen hat.[161]

ARPAJA. Wenn es euer Excellentz vor gut befinden / so wollen wir dem gemeinen Besten nicht wiederstreben.

FORMAGGIO. Und also wird eurer Excellentz das gesamte Volck von Neapolis gehorsamst recommendiret.


Quelle:
Christian Weise: Masaniello. Stuttgart 1972, S. 160-162.
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