Neundter Auffzug.

[36] Die Vorigen. Wilhelm, Stallmeister. Heinrich, Cammer-Juncker. Robert, Cammer-Herr. Leo, Hoff-Juncker. Mierten, ein Bauer.


EGMUND. Siehe da / siehe da Herr Fürst / wir haben heute etwas lange geschlaffen / ich dachte bald bey den letzten Becher würde er vergessen / daß er diesem Cabinet eine Visite schuldig wäre.

MIERTEN. Herr wo es wahr ist / daß ich einen Becher getruncken habe / so kan ich mir nicht helffen / es muß auch wahr seyn / daß ich alles vergessen habe.

EGMUND. Es ist eine Sünde die sich leicht entschuldigen läst.

MIERTEN. Das denck ich auch / aber ich soll zum Fürsten kommen / seyd ihrs irgend?

EGMUND. Ach nein / wer den Hut auff hat / wenn die andern mit entblößten Häuptern stehen / der ist der Fürste.

MIERTEN. Nun last doch sehn / der hat den Hut auff und ich / einer unter uns beyden muß [es] wohl seyn.

EGMUND. Freylich ist dieses der gebietende Herr im Lande / er ist so leutselig und lässet sich allenthalben sehen. Alle Kinder und alle Bauern kennen ihn.

MIERTEN. Es ist erlogen / daß ihn alle Bauern kennen / ich müste ihn ja auch gesehen haben.

ROBERT zeucht ihn auff die Seite. Ihr Gnaden wenn sind sie denn ein Bauer gewesen? Sie bedencken doch was sie reden.[36]

MIERTEN. Ja sieh es ist wahr / ich bin ein Fürst. Ja nun Herr Fürste / weil wir so eines Handwercks mit einander seyn / so wolt ich doch sehn / was ihr macht.

PHILLIPPUS. Ihr thut gar recht dran / aber was bringt Ihr guts?

MIERTEN. Die Leute zu Hofe bringen nicht viel / sie reden so ein wenig Narren-Possen / und fragen wie man die Nacht geschlaffen hat.

PHILLIPPUS. Es sind keine Narren-Possen / wenn man die gantze Nacht nicht schlaffen kan.

MIERTEN. Aber wenn ich mich auff der Bocht / wie ein Narr rümgeweltzet habe / so hilfft michs auff den Morgen nicht viel / ob iemand darnach fragen last.

PHILLIPPUS. Doch wie kömmts / euer Bart meint es gar treu mit euch / er will euch nicht verlassen.

MIERTEN. O der Bart steht auff redlichen Leder / wenn einer zum Schelmen wird / so lauffen die Haare davon.

PHILLIPPUS. Das war zu viel geredt / so müssen alle vornehme Cavallier den garstigen Titel verdienen / weil sie den Bart verlohren haben.

MIERTEN. Ey Herr / mit Unterscheid / sie lassen sich den Bart wegschneiden / ich sage nur / das ist ein Schelm / wo die Haare selber weg lauffen.

PHILLIPPUS. So last euch den Bart auch abschneiden.

MIERTEN. O nein / ich fürchte mich gar zu sehr.

WILHELM. Wir sterben nicht vom Scheermesser / also werden ihre Gnaden auch bey dem Leben bleiben.

HEINRICH. Oder wenn wir den Bart einer Wiese vergleichen wollen / so wärs um ein halb Tage- Werck / damit wäre alles runter gesebelt.

MIERTEN. Und eben drum will ichs nicht geschehen lassen / weil ihr meinen Bart einer Wiese vergleicht.

WILHELM. Ich sehe nicht was an dem Gleichnüsse zu tadeln ist.

HEINRICH. Und es ist wahr / wenn das Graß noch so viel mahl gehauen wird / so hat die Wiese gleichwohl keinen Schaden davon.[37]

MIERTEN. Ey nicht doch / und wenn der Meder seine Arbeit verrichtet hat / so mag er auff die Sturtzeln was anders thun / das soll mir einer bey meinen Barte wohl bleiben lassen.

WILHELM. Aber ich wolte mir lassen so viel wegnehmen / daß der Trunck nicht verhindert würde.

HEINRICH. Ihr Gnaden lassen es bleiben. Sie trincken unter uns das reineste / denn es wird alles zuvor durch ein Haar-Sieb geseigt / ist was unreines im Becher / so bleibts am Barte kleben.

WILHELM. Oder was er nicht trincken kan / das geust er unterdessen in Bart.

HEINRICH. Eine schöne Invention. Wenn man in der Nacht nach dem Truncke durstig wird / so zutschet man am Barte / damit ist der Angst gerathen.

WILHELM. Aber wenn so ein Herr mit seinem nassen Barte sonst wohin fiele / wie solte ihm in der Nacht das Zutschen bekommen.

HEINRICH. Ich halte der Bart nimmt nicht mehr an / als er beherbergen kan / was überflüßig ist / das schüttelt er weg.

MIERTEN. Wenn ich nicht ein Fürste wäre / so dächt ich die Leute hätten mich zum Narren.

WILHELM. Ja das ist wohl der Fürste unter allen Bärten im gantzen Lande.

HEINRICH. Ich höre die Bärte wollen einen Reichs- Tag ausschreiben / und da wird der Fürstl. Bart das Directorium führen.

MIERTEN zeucht Robert auff die Seite. Ich halte es muß wohl so seyn / daß wir einander zum Narren haben.

ROBERT. Ihr Gnaden wissen ja wohl / die Mode bringt es zu Hofe so mit / vexiren die andern / so vexire man wieder.[38]

MIERTEN. Es hat sich wohl vexirt / wer die Kunst nicht gelernet hat.

ROBERT. Ey Ihre Gnaden habens lange gelernet / Sie machen nur allezeit eine ernste Mine / wenn sie lachen / so dencken die andern / sie lachen sich selber aus.

MIERTEN. Nu / nu / wenn ich nur weiß / was Mode ist / so leide ich alles gerne mit.


Quelle:
Christian Weise: Ein wunderliches Schau-Spiel vom niederländischen Bauer. Stuttgart 1969, S. 36-39.
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