Zwey und siebentzigstes Exempel.

Ein junge ledige Weibs-Person wird durch ein förchtliches Gesicht von dem leichtfertigen Tantzen abgehalten.

[362] Diese Person war dem Tantzen also ergeben, daß, ob sie schon bey solchem ihr Ehr einmahl verlohren, nichts destoweniger durch kein Ermahnen konte davon abgehalten werden, bis sie endlich durch übernatürliche Bedrohungen von dem barmhertzigen GOtt davon abgezogen worden. Dann, als sie einsmahls in dem Tantzen so ermüdet, daß sie nach Haus, und der Cammer zugeloffen, allwo sie sich in etwas zu verschnauffen, auf ein Beth hingeworffen, und lachend gesagt: ach! wie bin ich so müd! damahls aber kein Mensch, als sie allein zu Haus ware, da eröfnete sich die Cammer-Thür, und es gienge hinein ein alter und ehrbarer [362] Mann, der hielte in der Hand einen übel zerhauten Menschen-Fuß, von welchem das Blut häuffig herunter tropfete. Mit diesem näherte er sich zu ihr, und hielte ihr selbigen vor das Angesicht mit diesen Worten: du ehrloses, und GOtt-vergessenes Mensch! was beklagst du dich ab der Mattigkeit deines Leibs? siehest du, wie du mich mit deinen geilen und unzüchtigen Tantzen zugerichtet? sie hest du, wie du meine Füß verwundet? wirst du von deiner Leichtfertigkeit, und Muthwillen nicht abstehen, so will ich dich dem Satan übergeben, ewiglich mit ihm in dem höllischen Feuer zu tantzen. Nach welchen Worten er vor ihren Augen verschwunden. Das Mensch gehet hierauf voller Forcht und Schröcken zur Beicht, weinet heftig über ihre Leichtfertigkeit; bittet mithin den Beicht-Vatter, diese Begebenheit offentlich auf der Cantzel (jedoch ohne sie zu benamsen) als eine Wahrheit, die sie mit einem Eyd bekräftiget hatte, zu erzählen: damit wo möglich alle junge Leut von dem geilen und leichtfertigen Tantzen möchten abgehalten werden. Wenigst hat diese Person sich forthin dessen gäntzlich entschlagen; ja ein eingezogenes und bußfertiges Leben geführt. Ex lib. Edles Kleinod der Zeit.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 362-363.
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