[364] Diese ware von einem gleichfalls Römischen Herrn eine Zeit lang auf nichts gutes angesucht, und gereitzet. In welchem doch die junge Frau nicht allein seinem verfluchten Willen nicht beystimmen; sonderen dergleichen unehrbare Ansuchungen so gar auch nicht anhören wollen. Und ob sie gleichwohl noch öfters von dem boßhaften Nachsteller angeloffen wurde, mit Anerbietung reichlicher Geschencken, und kostbahren Kleinodien, so antwortete sie doch allzeit mit dem Mund: nein auf keine Weis, in dem Hertzen aber: packet euch fort mit euren Schanckungen hin, wo Treu und Ehr ein End haben. Ich hab schon meinen lieben Ehe-Herrn, an dem ich treu seyn werde bis in Tod. Als nun der boßhafte Mensch gesehen, daß ihme der Sack schon für die Thür geworffen, und mit gutem nicht leichtlich etwas auszurichten wäre, hat er sich entschlossen, was er mit Lieb nicht könte bekommen, solches mit Gewalt zu erzwingen. Er bestache demnach in Geheim eine ihrer vertrautesten [364] Cammer-Mägden mit einem namhaften Stuck Gelds, und unterrichtete sie, was sie thun solte. Diese Cammer-Magd tratte dann eines Tags in aller Fruhe zu ihrer Frau, mit Bitt, sie wolte ihr belieben lassen, weil es so annehmlich Wetter, und der Weeg so gut, ein kleine Wallfahrt zu St. Sebastian, ausser der Stadt Rom zu verrichten, und sie auch mit ihr gehen lassen. Die edle Frau, so ohne das der Andacht sehr ergeben ware, liesse ihr das Ansuchen gefallen; und das um so viel mehr, weil es auf selbigen Tag keinen grossen Zulauf des Volcks abgabe. Verhofte demnach ihrer Andacht desto ungehinderter, und eyfriger abzuwarten. Gehen also diese zwey auf St. Sebastiani Haupt-Kirch zu, so etwann von Rom beyläuffig drey Viertel Stund entlegen. Allda verrichtete die edle Römerin ihr Gebett und Andacht. Wie nun diese verricht war, sagte die Cammer-Magd: ach gestrenge Frau, ich möchte gern auch die Kruften, und Gewölber der Heil. Martyrer sehen, und alldort betten. Gar gern, sagte die tugendsame Frau, warum dann nicht? dann schier jedermann, wer St. Sebastian besucht, der besucht auch der Heiligen nächst daran ruhenden Martyrer Kruften, das wollen dann auch wir thun. Gehen alsogleich der nächsten finsteren Kruft zu: doch also, daß die Cammer-Magd etwas hinter der Frau blibe, und still hielte. Ach was soll ich hier weiters sagen? halt still! halt? du keusche Matron, gehe nicht hinein; und warum nicht? ja, es ist ein finsteres Ort. Ist alles wahr. Es hatte sich aber in diesem finsteren Ort versteckt der boßhafte Nachsteller ihrer Ehren, welchen die eben sowohl verruchte Magd zuvor in der Fruhe in Eil, und ihrer Frau aller Sachen unwissend, berichtet und bestimmt hatte, er solte sich nur dorthin verstecken: zu der und der Stund wolle sie ihr Frau liefferen, und alsdann solle er endlich haben, nach welcher er schon so lange Zeit ein Verlangen gehabt hätte. Und das Spiel wäre auch zu End kommen, wann beyderseits einerley Sinn gewest wäre. So bald dann die edle Römerin in die Kruft hinein kommen, schleicht und trittet dieser ehrvergessene Bößwicht herfür. Und als er sich nur allein bey ihr befunden, fienge er an sie freundlich ist zu bitten, seinem unerträglichen Verlangen Statt und Platz zu geben. Die edle keusche Frau aber verfluchte, und verspye solches Ansuchen. Er setzt aber mit Bitten und Versprechen nicht aus; ey! (schrye sie) darvor behüte uns GOtt; er fangt an zu trohen, half alles nichts. Darauf hin setzt er ihr zu mit grausamen Schlägen; zu diesem Handel lauft auch ihr boshafte Magd herbey, und schlagt in ihre Frau eben so starck, als der andere Bößwicht. Die keusche Matron gibt sich doch nicht, wehrte sich also mit ihren schwachen Kräften nach allem ihrem Vermögen, ihre Ehr zu retten, die sie dann auch erhalten. Indem nun der angemaßte [365] Ehren-Rauber, als auch die GOttes- vergessene Magd eines Theils wohl gesehen, daß der keuschen Frau niemand was abgewinnen wurde, noch könnte; anderen Theils aber wohl erachteten, solte sie wieder lebendig nacher Haus kommen, und den Verlauf der Sachen den Ihrigen offenbahren, so wurde die gantze adeliche Verwandschaft aufstehen, Rach und Straf auswürcken, haben sie beyde einander noch weiters geholffen, und die edle von jedermann verlassene Frau sammentlich erwürget und erdrosselt. Den Leib haben die zwey mörderische Personen aus Schröcken nicht weggeschleifft; sondern alldorten auf dem Platz ligen lassen; der Todschläger aber, damit er nicht erdappt, und gefangen wurde, ist ausgerissen, und hat sich etwann unter die Banditen, oder Strassen-Rauber begeben. Mit der Cammer-Magd aber gienge es anderst zu; sie wolte fliehen, und konte aber nicht, dann aus Verhängnuß der göttlichen Rach mußte sie an dem Ort, wo sie zu der Erdroßlung ihrer Frauen geholffen, stockstill stehen, damit sie alles bekennte, und die Wahrheit an den Tag käme, welches dann auch bald geschehen. Dann den unschuldigen Leichnam hat man gefunden, und die Magd noch bey ihr stehend, und diese zwar ist Hand-vest gemacht, und nach aller Sachen Bekanntnus als eine Todschlägerin hingerichtet worden, mit der Frau aber ist es also hergangen.
So bald zu Rom, und in umgräntzenden Orten diese oberzählte Sach lautbar worden, hat man sich alsobald aufgemacht, nicht allein bey ihrer hoch-adelichen Freund- und Verwandschaft; sondern von allen Ständen, geistlichen und weltlichen, den ehrwürdigen Leib mit gebührender Solennität abzuholen. Viel tausend beyderley Geschlechts lieffen aus der Stadt Rom, und von anderen Orten zu, und kamen dem Leichnam entgegen. Es ware aber kein Leich, sondern ein wohlverdienter Triumph, und Ehren-Proceßion für erlangten Sieg wieder den ausgestandenen Anlauf des Fleisches, der keusche Leib wurde seinem adelichen Stand gemäß zierlich und köstlich angethan, und nach welschem Gebrauch nicht allein männiglichen zum Beschauen fürgestellt, sondern auch auf dem darzu bereiteten Sarch, oder Bahr zu oberst gelegt. Ihr Haupt war geziert mit einem gantz frischen Lorbeer-Kräntzlein, nicht allein als einer Obsiegerin; sondern auch als einer Martyrin, als welche gestorben wegen Verthätigung der ehelichen Keuschheit, für welche sie bis in den Tod hinein gestritten, und ihr Leben gelassen, welches sie wohl hätte erretten können, wann sie hätte sündigen wollen. Dieselbige gantze Proceßion hindurch einen zimlich langen Weeg bis zur Begräbnuß, und weiters durch die gantze Stadt Rom hinein, ware ein solches Weinen und Zäher-vergiessen, daß unter so viel tausenden beyderley Geschlechts [366] nicht ein eintzige Person gewesen, die nicht ihre Augen voll der Zäher, nach Haus gebracht hätten.
Bisselius S.J. in libello, cui titulus, Digitus Dei. Das ist: Hertz-berührender Finger GOttes.