[267] Matfried von Orleans. Hugo von Tours von links.
MATFRIED.
Kämmrer des Reiches – wie gefällt Euch das?
HUGO.
Ganz so wie Euch – Ihr könnt's danach bemessen.[267]
MATFRIED.
Die Karolinger waren Kämmerer
Der Merovinger, und sie wurden groß,
Heut in den Schlund des Pyrenäenwolfes
Geben sie selbst ihr Haupt.
HUGO.
Die Karolinger?
Der alte Ludwig tut's – doch, Gott sei Dank,
Er ist nur einer –
MATFRIED.
Und die anderen?
HUGO.
Die andren werden schlagen, wenn man schlägt.
FRECHULF der sich bis dahin mit den Stühlen zu schaffen gemacht hat, tritt heran.
Gestrenger – wollt verzeihn!
MATFRIED.
Wer ist der Mann?
HUGO.
Der treue Frechulf; nun was gibt's, mein Wackrer?
FRECHULF.
Die Knechte sagen von zwei Sarazenen,
Die heut als Boten kamen für Lothar.
HUGO.
Ha, das ist eine Botschaft von Pipin.
MATFRIED.
Was? Von Pipin?
HUGO.
Ihr sollt sogleich erfahren –
Zu Frechulf.
Wo sind sie?
FRECHULF.
Herr, ich hab' sie nicht gesehn.[268]
HUGO.
Geh gleich, sieh zu, ob wahr ist, was man sagt,
Und siehst du sie, bring augenblicks Bescheid.
FRECHULF.
Immer zu Euren Diensten.
Ab nach links.
HUGO.
Das ist wichtig.
MATFRIED.
Was ist das mit Pipin?
HUGO.
Matfried, Ihr wißt,
Um was es sich beim heut'gen Reichstag handelt.
Abrede ist getroffen mit Pipin:
Wenn heut der alte Ludwig töricht ist
Und heut noch einmal teilt zugunsten Judiths,
So dringt Pipin, der mit den Aquitaniern
Nicht eine Stunde Wegs von Worms mehr steht,
In diese Pfalz – wir greifen Kaiser Ludwig
Samt Judith und dem Buben –
MATFRIED.
Gut erdacht!
Doch Ludwig, hört' ich, läßt es bei der Teilung?
HUGO.
So wollt' er – doch von gestern bis zu heute
Ist grad' so weiter Weg als wie vom Wollen
Bis zum Vollbringen.
MATFRIED.
Und die Boten, denkt Ihr –
HUGO.
Sie bringen, der Verabredung gemäß,
Die Nachricht, daß Pipin bereit steht.
MATFRIED.
Doch Mauren? Sollt' er Mauren schicken?[269]
HUGO.
Freilich.
Er kann von seinen Leuten keinen senden,
Will er Verdacht nicht wecken; wer kommt da?
Ausgewählte Ausgaben von
Die Karolinger
|
Buchempfehlung
Der in einen Esel verwandelte Lucius erzählt von seinen Irrfahrten, die ihn in absonderliche erotische Abenteuer mit einfachen Zofen und vornehmen Mädchen stürzen. Er trifft auf grobe Sadisten und homoerotische Priester, auf Transvestiten und Flagellanten. Verfällt einer adeligen Sodomitin und landet schließlich aus Scham über die öffentliche Kopulation allein am Strand von Korinth wo ihm die Göttin Isis erscheint und seine Rückverwandlung betreibt. Der vielschichtige Roman parodiert die Homer'sche Odyssee in burlesk-komischer Art und Weise.
196 Seiten, 9.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.
468 Seiten, 19.80 Euro