»Ich bleibe«

[31] Durch die Nacht mit dumpfem Rauschen

Treibt vorbei des Stromes Wut;

Und mit träumerischem Lauschen

Starr' ich auf die dunkle Flut.

Schattenhafte Kähne wallen

Mir vorbei, in Nacht hinein;

Liebe Stimmen fern verhallen; –

Und die Strömung tönt allein.


Und verlassen heb ich meine

Augen schmerzbethaut empor:

Da entschwebt mit hehrem Scheine

Ein Gestirn dem Wolkenflor;

»Sieh, ich bleibe!« winkt sein Auge.

Und die bange Seele zieht

Auf zu diesem treuen Auge, –

Wie ein Kind zur Mutter flieht. –


Wenn dereinst des Todes Grauen

Dieses Herz umspült und bricht,

Laß noch einmal dich erschauen

Ueber Wassern, süßes Licht,

Bis den letzten Liebesfunken,

Der in meinem Auge scheint,

Deine Blicke aufgetrunken

Und dem Sternenglanz vereint.

Quelle:
Bruno Wille: Einsiedler und Genosse. Berlin 1894, S. 31-32.
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