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[240] Die Vorigen. Flodoardo.
ROSAMUNDE indem sie bei seinem Anblick die Hände betend zusammenlegt und mit Entzücken himmelwärts blickt.
Ja er ist's! Gelobt sei Gott!
FLODOARDO sich dem Dogen mit heiterm Antlitz nähernd.
Eure Durchlaucht ...
DOGE hastig.
Seid willkommen,
Edler Ritter, tausendmal ...
Habt Ihr Euer Wort gelös't?
FLODOARDO.
Alles, wie Ihr mir geboten,
Ist erfüllt; die Republik
Frei von jeglicher Gefahr;
Und der Himmel lächelt heiter.
DOGE.
Und der Mörder unsrer Freunde?[240]
FLODOARDO.
Abellino's Tod und Leben
Liegt in Eure Hand gegeben.
Die Verschwörung ist zertrümmert,
Ihre Banden sind gesprengt;
Ihre Helfershelfer füllen
Schon die Kerker und Bleikammern.
DOGE.
Und die Rädelsführer? ...
FLODOARDO.
Diese
Stehn im Saal hier schon beisammen.
DOGE bestürzt.
Wie?
FLODOARDO.
Ich hoffe sie zu zwingen,
Ohne Lärmen und Gewalt,
Vor der festlichen Versammlung
Ihr Verbrechen zu bekennen.
Hier sind viel erhabne Zeugen,
Glieder oberster Behörden.
Ihre Gegenwart ist wichtig.
Darum bitt' ich Eure Durchlaucht,
Zu gestatten, daß ich jetzt
Meinem Werke hier das Siegel
Der Vollendung geben dürfe.
DOGE kopfschüttelnd.
Dieses Fest, und dieser Ort,
Sind dafür nicht gut gewählt.
FLODOARDO.
Also scheint's. Doch wird die Folge[241]
Wahrlich die Rechtfertigung
Meiner Bitte bei Euch führen.
Halb nur ist mein Thun gelungen,
Ohne freies Eingeständniß
Der Verbrecher und der Schuld.
Dazu möcht' ich edler Zeugen
Wider diese mich bedienen;
Zeugen, welche wohl verdienen,
Theil am heut'gen Fest zu nehmen;
Zeugen, deren Rang und Würde
Ungern nur vor Richterstühlen,
Sündern gegenüberstände.
DOGE nach einigem Besinnen.
Wohl, es sei! Ich geb' Euch Vollmacht.
Doch gedenkt der zarten Frauen,
Die vom heut'gen Fest mit Recht
Fröhlichern Genuß erwarten.
FLODOARDO.
Ich verheiße diesen schönen
Töchtern unsrer Republik
Heut den seltensten Genuß,
Und was immer auch geschehe,
Niemand fürchte. Wir stehn sicher.
DOGE.
Ich vertrau' Euch. Ihr habt Vollmacht.
Nennt die Häupter der Verschwörung.
FLODOARDO zu den Verschwornen.
Contarino, Falieri,[242]
Memmo, und Parozzi, Ihr,
Auch Abbate Tolomeo,
Eure Schuld ist aufgedeckt.
Stehet Rede, gebet Antwort!
Jede Ausflucht ist verloren. –
Auf den Lidos werden sich
Keine Mißvergnügten sammeln,
Ihre Führer sind gefangen! –
Contarino, Euer Oberst
Follo liegt schon in den Eisen;
Die Dalmatier sind treu.
Kassowich befiehlt die Truppen,
Und Marcasca wacht persönlich
Vor des Arsenales Thor.
Kriegsvolk füllet den Palast,
Selbst den Saal; Ihr seid entwaffnet!
Euch Parozzi, Falieri,
Memmo, gibt um Mitternacht
Kein Kanonenschuß das Zeichen
Rosamundens Namensfest
In ein Blutbad zu verwandeln. –
Ihr, hochwürd'ger Herr Abbate,
Habt die Summen Roms verspielt;
Denn Venedigs Kirchenfreiheit
Steht von heut' an unerschüttert.
Alles Läugnen wird vergebens.
Redet! – Freies Eingeständniß
Kann die vollgefüllte Schale
Eures sträflichen Beginnens
Um ein Großes noch erleichtern.[243]
PAROZZI nach langer Stille, in der die Verschwornen betrübt dastanden.
Ist es möglich? – Redet Niemand?
Oder lähmet das Entsetzen
Ob der niegehörten Frechheit
Aller freien Edeln Zunge? – –
Wo wagt man uns, gegen Ordnung
Und Verfassung, anzuklagen?
Ist der Tanzsaal ein Gerichtshof?
Und wer wagt es, schamlos uns
Der Verrätherei zu zeihen?
Ist's ein Mensch von Ehre? nein!
Von Florenz, als Ränkestifter
Ausgetrieben, steht er selber
In Venedig wiederum
Schweren Hochverraths bezüchtigt.
Und ein solcher darf hier frech
Edle, unbescholtnen Namens,
Oeffentlich mit Schimpf besudeln?
Und Ihr schweigt, Venetianer?
Nun, – im Namen des Gesetzes,
Fordr' ich den Verhaft des Lügners!
Hört! ich selbst gab eigenhändig
Dem durchlauchten Herzog gestern
Einen Brief, den Flodoardo
Schrieb. Und dieser Brief ist Zeugniß
Von dem Hochverrath des Menschen!
FLODOARDO mit ruhiger Würde.
Wohl, daß Ihr mich des erinnert.[244]
Euer Schreiber, der so trefflich
Meine Schrift zu malen weiß,
Sitzt gefangen; ja noch mehr,
Hat die Büberei erzählt.
Und wie steht's? – Wo ist mein Ring?
Sprecht, wo ist mein Siegelring?
Gestern Nacht gab Abellino
Euch den Ring, als Pfand und Bürgschaft,
Daß er Euern Mordbefehl
Gegen mich vollzogen habe.
PAROZZI betroffen.
Welche ... beispiellose Bosheit! ...
Was schaff' ich mit Meuchelmördern,
Die bei Euch im Solde leben?
CONTARINO.
Länger, o Venetianer,
Dürfen wir es nicht erdulden,
Daß der fremde, eingeschlichne
Abenteurer uns entehre.
Wir begehren laut Gesetz,
Die Verhaftung dieses Menschen,
Gegen welchen die Gefang'nen
Schon im peinlichen Verhör,
Vor den Richtern Zeugniß gaben.
FLODOARDO.
Contarino, auch der Schneider,
Den Ihr weiland tapfer nanntet,
Hat mit Wankelmuth bekannt,
Wie Ihr meinen Namen ihm
Auf der Folter eingeflüstert.[245]
FALIERI.
Nun genug der schweren Schmach!
Will Venedigs Adel, will
Uns der Herzog selber nicht
Wider diesen Läst'rer schützen:
So verlassen wir den Saal
Und verwahren unser Recht.
FLODOARDO.
Halt! Ihr bleibt. Ihr seid Gefangne.
Eure Bosheit ist entlarvt.
Was im Finstern Ihr gebrütet,
Kriecht ans Licht, als Vipernbrut,
Die nach Euerm eignen Blut,
Mit den scharfen Zungen lechzet.
Auf, bekennet und bereuet!
Reue ist die letzte Tugend,
Die dem Sünder treu verbleibt.
Warum schweigt sie denn in Euch?
Muß ich fremde Hilfe rufen,
Ihr das Zungenband zu lösen?
FALIERI mit halber Fassung.
Rufe deine ganze Hölle;
Was vermagst du wider uns?
FLODOARDO.
O, nur Einer soll erscheinen
Aus dem Reich der Finsterniß!
Er entfernt sich.
DOGE nach einer Pause.
Kaum vermag ich's, vom Betäuben[246]
Des Entsetzens zu genesen.
So, wie Mocenigho sprach,
Sieges sicher spricht die Wahrheit
Mit zermalmender Gewalt.
Aber meine Seele sträubt sich,
Das Unglaublichste zu glauben. –
Ihr, Abbate Tolomeo,
Ihr, Parozzi und Ihr Andern,
Gräßlichen Beschuldigungen,
Wie sie wider Euch ergehn,
Soll man anders widerstehn.
Sagt, was brachte solche Lähmung
Euch in Stimme und Geberde?
Wer blies Euch die Todtenfarbe
Auf die hangenden Gesichter?
Warum bohren Eure Blicke
In die Erd', als wollten sie
Da sich einen Abgrund höhlen?
FALIERI schlägt die Augen auf.
Edelleute von Venedig
Sind, o Fürst, noch nicht gewöhnt,
Unvertheidigt und gesetzlos
Sich vor Euch beschimpft zu sehn.
Nur Bestürzung übermannt uns,
Furcht nicht. – Auch verbiss'ner Zorn
Jagt das Blut wohl aus den Wangen
Ins erstarrte Herz zurück.
DOGE warnend.
Falieri, Falieri!
Nehmet Eurer Schanze wahr!
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