Ihro Hochfreyherrliche Excellenz, den Hochwohlgebohrnen Herrn, Herrn Johann Caspar Freyherrn von Pogarell, Erbherrn auf Ober-Bingerau in Schlesien, Ihro Römischen Kayserlichen Majestät decretirten Reichs-Hofrath, und Ihro Hochfürstlichen Durchlaucht zu Sachsen – Weymar Geheimden Legations-Rath und Abgesandten auf den Reichstag nach Regenspurg etc. begleitete auf Dero Reise nach Regenspurg mit nachstehender Ode

[463] Den 30. Christmonat 1737.
[463]

Meine Füsse haben Flügel,

Denn sie bringen mich zum Hügel,

Wo der Musen-Tempel steht,

Bis zu denen Lorber-Blättern,

Die kein Donner kan zerschmettern,

Wird mein Fuß nach Wunsch erhöht.

Meine Schwestern hör ich singen,

Und ihr angenehmer Thon

Kan mich bald zur Folge bringen.

Seht! ich dicht' anjetzo schon.


Hör ich nicht bey diesen Sachen,

Seh ich nicht Euterpen lachen,

Daß so viele Stümper sind!

Der zerbeißt sich Hand und Finger,

Uber seine Wunder-Dinger,

Die man doch kaum seltner findt.

Jenem fällt nach Angst und Schwitzen

Endlich noch ein Versgen ein,

Und nach vieler Federn schnitzen,

Möcht er gleichwol Zeter! schreyn.


Doch Thalia rühmt darneben,

Daß sich mancher ihr ergeben,

Der ein reines Opfer bringt.

Viele Ritter, grosse Männer

Sind der Dichtkunst ächte Kenner,

Und verstehn, was reitzend klingt.

Pogarell ziert diesen Orden,

Der des grossen Kaysers Rath,

Und jetzt Abgesandter worden,

Weil Ihn Ernst erhoben hat.
[464]

Kluger Freyherr! mein Vergnügen

Ist durch Dich sehr hoch gestiegen,

Du bist meines Fürsten Lust.

Bist Du nicht Sophiens Ehre?

Labt nicht deines Mundes Lehre

Und dein Wissen ihre Brust?

Grosser Mann von Geist und Gaben!

Dein vortreflicher Verstand

Hat Dich schön und hoch erhaben:

Dich verehret Stadt und Land.


Was gebricht mir? Günthers Leyer!

Was begehr ich? Feuer! Feuer!

O! wer steckt dasselbe an?

Phöbus komm es anzuzünden!

Laß mich Reim und Worte finden,

Daß ich feurig dichten kan:

Diesen Freyherrn zu besingen,

Und Ihm ein geschicktes Lied

Mit nach Regenspurg zu bringen,

Als wohin Er rühmlichst zieht.


Weltberühmter Mann! verwehre

Mir nicht die genommne Ehre,

Das ich dich begleiten will.

Klingt mein Lied gleich nicht so schöne;

Giebt es gleich kein solch Gethöne,

Als Dein Rohr und Dichterkiel:

Wirst Du es doch nicht verachten,

Denn Dein klug und edler Geist

Wird die Warheit doch betrachten,

Welche mich jetzt schreiben heist.
[465]

Warte! bleib! nein! zeuch nur immer!

Denn der Abgesandten Zimmer

Wartet auf den Reichs-Tag Dein.

Der Gesandten ihr Verlangen

Ist, Dich freudig zu empfangen,

Jeder wünscht bey Dir zu seyn.

Jedem ist dein kluges Sorgen,

Und Dein grundgelehrter Geist,

Licht und Weisheit nicht verborgen,

Die dich auch bey Fürsten preist.


Du bist der gelehrten Zierde;

Dein Verlangen und Begierde

Ist aufs Reiches Flor gericht.

Du kanst unserm Kayser nützen,

Auch die Fürsten unterstützen,

Weil Dirs nicht an Geist gebricht.

Zeuch! und reise, um den Staaten

Manchen edlen Dienst zu thun.

Deinem Herzog klug zu rathen;

Sein Befehl läßt Dich nicht ruhn.


Theurer Mann! Du weißt zwey Stege,

Zwey berühmt und schöne Wege,

Führen zu dem Sternen-Feld.

Ritter ohne grosse Seelen

Kan man nicht zum Edlen zehlen,

Weil ihr Geist sich sclavisch hält.

Mit der Faust den Degen führen,

Und die Feder in der Hand;

Dieses kan den Adel zieren;

Dieß erhebet seinen Stand.
[466]

Grosser Freyherr! Vor die Waffen,

Die im Kriege Ruhm verschaffen,

Hast du dir den Kiel ersehn.

Denn du weist, durch sein Geschicke,

Kan der Fürsten Guth und Glücke,

Stets am sichersten bestehn.

Dein erleuchter Geist erkennet,

Was die Ritter herrlich macht.

Dem, was sich erhoben nennet,

Hast du allzeit nachgetracht.


Was die Weisheit in sich fasset;

Was sie liebt und was sie hasset;

Was ihr edles Wesen ist;

Liegt in deiner Seelen Grunde.

Da aus deinem klugen Munde

Auch der Weißheit Quelle fließt.

Die Gelehrsamkeit vergnüget

Sich an deinem grossen Geist,

Weil sie dir im Herzen lieget,

Und du ihr Geheimniß weißt.


Fragt man, wer das Staats-Recht kennet?

Wenn man dich, mein Freyherr! nennet,

Nennt man den, ders gründlich weiß.

Hat es jemand eingesehen,

So muß mans von dir gestehen;

Du ergründest es mit Fleiß.

Die Historie darneben,

Die dir manchen Schlaf entführt,

Muß dir auch das Zeugniß geben:

Daß dir Ruhm und Preiß gebührt.
[467]

Fragt man: wer im Dichter-Orden

Ein berühmtes Mitglied worden?

O! so heist es: Pogarell.

In dem kleinsten Augenblicke

Dichtet er die schönsten Stücke,

Schreibt und spricht sie rein und schnell,

Tugend und galante Sitten,

Gaben und Bescheidenheit,

Folgen seinen muntern Schritten,

Nebst der Edlen Höflichkeit.


Wo ist Wahrheit? welch's Gemüthe

Kennt und liebet ihre Güte?

Ehrst du sie, mein Freyherr! nicht?

Freylich ja, ein wahres Wesen

Läßt sich aus den Wercken lesen,

Die Dein Wandel stets verricht.

Selbst dein Herzog und der Kayser

Sehn und rühmen deine Treu;

Also legen grosse Häuser

Dir die schönsten Lorbern bey.


Deutschlands Schutz-Gott kennt dein Wissen

Und Dein redliches Gewissen,

Und des Geistes Treflichkeit.

Drum belohnt er deine Gaben,

Darum hat er dich erhaben.

Dich verehret selbst der Neid.

Ernst, der weise Held zu Sachsen

Sieht auch deine Gaben ein,

Drum soll deine Ehre wachsen;

Du solst Sein Gesandter seyn.
[468]

Nun mit dieser edlen Bürde,

Mit der Abgesandten Würde,

Gehst du nach der Donau fort:

Der Gesandten die Dich ehren

Ihre schöne Zahl zu mehren.

Zeuch geschmückt nach diesen Ort!

Zeuch, das Glück sey dein Begleiter!

Und die Ehre trage dir,

Weltberühmter Mann! noch weiter

Ihre holden Schätze für.


Quelle:
Sidonia Hedwig Zäunemann: Poetische Rosen in Knospen, Erfurt 1738, S. 463-469.
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