Unterthäniges Sendschreiben an Ihro Hochfürstl. Durchl. zu Sachsen-Weimar

[629] Held und Herzog!

der ein Herz voller Huld und Großmuth träget,

Und darneben jedes Werk mit viel Weisheit überleget.

Grosser Fürst von Geist und Gaben, der du weißt, was jedem fehlt,

Ob er Dirs gleich nicht entdecket, und aus Ehrfurcht oft verhehlt.

Du hast mir was ich gewünscht, und was meinen Geist erquicket,

Aus besondrer Gnad und Huld zu dem heilgen Christ geschicket.[629]

Deine Fürstin Albertine schenkte mir was vor den Leib;

Aber Du was vor die Seele, und zu ihren Zeitvertreib.

Jens ist nützlich; dieses noth; jenes schmückt und ziert die Glieder;

Dieses aber giebt dem Geist, und der Seele Kräfte wieder.

Diese schön und grossen Bücher fordern meine Geister auf,

Und belustgen meine Sinnen durch den ganzen Lebenslauf.

Unser Geist muß wie der Leib seine Speiß und Nahrung kriegen,

Muß an etwas seine Lust, sein Ergötzen und Vergnügen

Durch die Lebens-Zeit empfinden. Dieses schenkt und giebt ein Blat,

Und ein Buch, das Geist und Weisheit, und viel Lehren in sich hat.

Ja, Durchlauchtster! dieß Geschenk, diese Welt-berühmte Bücher1

Machen meinen Geist und Sinn immer munterer und sicher,

Auf der Weisheit Bahn zu wandeln und Minerven nachzugehn,

So, daß ich dadurch im Tode dennoch kan das Leben sehn.[630]

Deine Dien'rin, Grosser Fürst! wirft sich Dir, durch diß zu Füssen,

Und will Dir im Geist die Hand und den Saum des Purpurs küssen,

Vor das gnädge Christ-Geschenke, das mir deine Huld beschert.

Nim hiermit den Dank, Durchlauchtster! denn es ist ja Dankens werth.

Keinen andern Dank kan ich als ein solches Herze bringen,

Das mit Ehrfurcht angefüllt, und dieselbe durch das Singen

Bey bequemer Zeit und Stunden; bey dem Lust- und Freuden-Fest,

Voller Demuth, nach der Weise der Poeten sehen läst.

Held! so lang mein Blut sich regt, und mein Mund ein Wort kan lallen,

Werd ich stets mit Dankgebühr vor Dein Antlitz niederfallen.

Grosser Herzog derer Sachsen! wenn mein Aug dieß Buch erblickt;

Wenn mein Mund darinne lieset, und mein Geist sich dran erquickt,

Werd ich auch zugleich an Dich und an Deine Gnade denken,

Und den Geist auf Deine Huld, Groß- und Weiser Herzog! lenken.

Ich wünsch Dir, Durchlauchtigster! davor einen heilgen Christ,

Welcher Stadt und Land erfreuet, und vom Fleisch und Blute ist;[631]

Welcher aus Sophiens Schooß und Augustens Lenden stammet;

Der mit einem solchen Geist, wie Augustus angeflammet;

Welcher sich in samtnen Windeln auf Charlottens Händen regt;

Ihre Schönheit im Gesichte, und Dein Bild im Herzen trägt.

Held! in Demuth bitt ich Dich: schenk mir ferner Deine Güte,

Deine Großmuth, Deine Gnad, daß mein Geist und mein Gemüthe

Weiter frölich ist und bleibet. Zum Beschluß wünscht Herz und Mund:

Deine Schwachheit müsse weichen; werde wieder bald gesund.


Den 31. Dec. 1737.


P.S.


Was dein Fürstlich Herze kränket, lege mit dem Jahr zurück,

Und geneuß im Neuen Jahre tausend frohes Fürsten- Glück,

Und wenn Dein Geliebter Prinz sein Gebuhrts-Fest wird erblicken;

So verschaff, wie Du gesagt, meine Rede auszudrücken.
[632]

Fußnoten

1 Es waren die 4 Folianten und Theile des allgemeinen Historischen Lexicon, in saubern Pergament-Bänden.


Quelle:
Sidonia Hedwig Zäunemann: Poetische Rosen in Knospen, Erfurt 1738, S. 629-633.
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