[702] Ferndrucker, ein vereinfachter Typendrucktelegraph von der äußeren Form einer Schreibmaschine, bei dem das Abtelegraphieren eines Buchstabens, einer Ziffer oder eines Satzzeichens lediglich durch das Niederdrücken einer dem betreffenden Zeichen entsprechenden Knopftafte erfolgt, zu dessen Bedienung also Schreibmaschinenfertigkeit ausreicht. Der Apparat heißt deshalb auch Fernschreibmaschine.
Der Ferndrucker soll eine Ergänzung des Telephons bilden; er setzt an Stelle des Gesprächs das gedruckte Wort, was für gewisse Arten des geschäftlichen Verkehrs von großem Wert ist. Der nachfolgend beschriebene Ferndrucker [1] von Siemens&Halske A.-G., Berlin, ist im Reichstelegraphengebiete zum Betriebe von Nebentelegraphenanlagen, d.h. von Anlagen zugelassen, die zum Anschlusse eines Wohn- oder Geschäftsraumes an eine Telegraphenanstalt dienen und auf denen z.B. die für den Inhaber der Anlage angekommenen Telegramme oder die von ihm aufgelieferten Telegramme befördert werden. Weiterhin betreibt die Gesellschaft[702] Elektrischer Ferndrucker in Berlin seit 1. Oktober 1904 unter Aufsicht der Reichstelegraphenverwaltung eine Zentralanlage, »Ferndruckerzentrale«, durch die Börsen-, Handels- und Zeitungsnachrichten den an sie angeschlossenen Teilnehmern übermittelt werden und mit deren Hilfe die Teilnehmer wie beim Fernsprecher unmittelbar miteinander durch den Ferndrucker in Verbindung treten können.
Das Tastenwerk des Ferndruckers von Siemens & Halske (Fig. 1) besteht aus vier übereinander gelagerten Reihen von je 7 Druckknöpfen, von denen 26 mit je einem Buchstaben und einer Ziffer oder einem Satzzeichen versehen sind. Von den übrigen beiden Tasten dient die eine als Anfangs- oder Buchstabentaste, die andre mit der Aufschrift »Zahl« versehene als Zahlen- oder Satzzeichentaste. Durch den Niederdruck der einen oder der andern dieser beiden Tasten wird das Typenrad des Ferndruckers auf Buchstaben- oder Zahlengebung eingestellt. Das Laufwerk wird durch einen kleinen Elektromotor angetrieben. Der Lauf des Typenrades wird durch ein Fortschaltelektromagnetsystem geregelt; die in Verbindung stehenden Apparate erhalten dieselben Stromimpulse und führen einander zwangsläufig mit. Zum Betrieb des Ferndruckers dienen Wechselströme aus einer Sammlerbatterie von zwölf Zellen. Diese Batterie ist in der Mitte geerdet bezw. bei Doppelleitungsbetrieb mit der Rückleitung versehen. Die beiden Batteriehälften von je 12 Volt Spannung liefern die zum Betriebe erforderlichen Linien- und Ortsströme, während die gesamte Batterie zum Antrieb des Elektromotors M1 bezw. M2 (Fig. 2), für das Laufwerk, dient. Ueber dem Kommutator C1, C2, der aus zwei Radkränzen mit metallischen, voneinander isolierten Zähnen besteht, schleift eine Metallbürste b, die an der senkrechten Achse des Kommutators befestigt ist und mit ihr von der Laufachse des Apparats durch Zahnradübersetzung bewegt wird. Je nachdem ein Segment des mit dem positiven oder mit dem negativen Pole der Batterie in Verbindung stehenden Radkranzes von der Bürste bestrichen wird, gelangt ein positiver oder negativer Strom durch das polarisierte Relais R1 zum fernen Amte und hier durch ein gleichartiges Relais R3 zur Erde. Durch die Ströme wechselnder Richtung werden die Relaiszungen zwischen zwei Kontakten hin und her bewegt, von denen der eine mit dem positiven und der andre mit dem negativen Batteriepole verbunden ist. Die vorbeschriebenen Linienströme werden so in Ortsstromkreise übertragen, in die ein polarisierter Fortschalteelektromagnet F1 bezw. F2 und ein nichtpolarisierter Druckelektromagnet D1 bezw. D2 eingeschaltet sind. Der Druckelektromagnet ist magnetisch so träge, daß er auf die schnellen Wechselströme nicht anspricht, sondern nur durch Ströme längerer Dauer betätigt wird. Der Anker des Fortschalteelektromagneten F1 (F2) wird dagegen durch jeden Wechselstromstoß umgelegt und sperrt mit seinen beiden Haken abwechselnd die Zähne eines Zahnrads, das auf der Laufachse, die auch das Typenrad trägt, befestigt ist. Jeder Hub des Ankerechappements läßt das Vorwärtsschreiten des Zahnrads um eine halbe Zahnlänge und damit des Typenrads um ein Zeichen sowie der Kommutatorbürste um ein Segment zu. Die Kommutatorbürste entsendet darauf einen Stromstoß entgegengesetzter Richtung, wodurch die weitere schrittweise Fortschaltung des Laufwerks in der beschriebenen Weise bewirkt wird. Da das Relais des Empfangssystems die gleichen Stromimpulse wie der Geber erhält, so hat sein Typenrad während des Umlaufs die gleiche Lage gegenüber der Druckvorrichtung wie beim Geber, vorausgesetzt, daß die beiden Typenräder auch in der Ruhelage dieselbe Stellung eingenommen hatten.
Soll mit dem Ferndrucker telegraphiert werden, so wird zunächst die Anfangstafte (die Buchstabentaste) gedrückt, wodurch das Laufwerk des Geber- und des Empfängerapparats ausgelöst[703] und in Gang versetzt wird. Beim Niederdrücken einer weiteren Taste hebt deren andres Ende einen Stift aus einer Stiftbüchse unter dem Kommutator empor. Dieser Stift hält nun einen mit der Kommutatorbürste fest verbundenen Arm und damit diese selbst während ihres Umlaufs auf einem bestimmten Segment an. Das Laufwerk steht infolgedessen Hill, und es erfolgt für die Zeit der Tastendrucks eine Stromsendung längerer Dauer über das betreffende Segment des Kommutators durch das Relais R1, die Leitung und das Relais R2. Dieser Strom wird in die Ortsstromkreise übertragen und betätigt hier die Druckelektromagneten D1 und D2, deren zu einem Druckhebel ausgebildete Anker gegen das Typenrad schnellen und auf dem Papierstreifen das dem Tastenanschlage entsprechende Zeichen zum Abdruck bringen. Wird die Taste losgelassen, so hört der Strom auf; die Druckmagnete verlieren ihren Magnetismus, und die Druckhebel werden durch Federkraft in ihre Ruhelage zurückgeführt. Das Laufwerk kommt bei Geber und Empfänger wieder in Bewegung, und es kann nunmehr ein weiteres Zeichen gedruckt werden. Wird nicht mehr gedruckt, so kommen beide Apparate nach einigen Umdrehungen durch eine selbsttätige Vorrichtung zur Ruhe.
Ein zweiter leistungsfähiger elektrischer Ferndrucker ist der Apparat von Steljes [2], dessen Herstellung und Vertrieb in Deutschland die Deutschen Telephonwerke, R. Stock&Co. G.m.b.H. in Berlin übernommen haben. Dieser Ferndrucker wird ausschließlich mit magnetelektrischem Wechselstrom betrieben. Als Stromquelle dient ein dreilamelliger Magnetinduktor, dessen Anker zur Stromerzeugung mittels einer Handkurbel, durch Fußantrieb oder durch einen Elektromotor in Umdrehung versetzt wird. Dieser Ferndrucker wird wie der Siemenssche Apparat selbsttätig ausgelöst und schreibt die empfangenen Nachrichten ebenfalls nieder, ohne daß es der Mitwirkung einer Person am Empfangsapparate bedarf.
Literatur: [1] Archiv für Post und Telegraphie, Berlin 1905, Heft 10 u. 11. [2] Elektrotechnische Zeitschr., Berlin 1904, Heft 8.
O. Fentsch.
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