[209] Anker, ein eigenartig geformter eiserner Haken oder Doppelhaken, der, an einer langen Kette oder einem Seile befestigt, namentlich dazu dient, schwimmende Körper am Grunde festzuhalten. Er besteht in seiner ursprünglichen Form (Fig. 1) aus dem geraden Schafte, der an einem Ende einen drehbaren Ring oder Bügel trägt, an dem Kette und Seil befestigt werden, und der sich am andern Ende in zwei gebogene Arme spaltet, deren Enden mit dreieckigen Schaufeln versehen sind. Nahe dem Ringe und senkrecht zur Ebene der Arme trägt der Schaft den hölzernen oder eisernen Ankerstock. Beim Herablassen auf den Grund legt sich der leichtere Ankerstock oben auf denselben, so daß einer der eisernen Arme mit seiner Schaufelspitze senkrecht zu liehen kommt und sich beim Anspannen der Kette in den Boden eingräbt. Da beim Drehen des schwimmenden Körpers um den Anker dessen Kette sich leicht um den aufwärtsstehenden zweiten Arm wickelt, wodurch das Heben des Ankers erschwert wird und anderseits dieser Arm darüber fahrende Fahrzeuge leicht verletzen kann, so läßt man denselben oft weg. Zu den Ankern gehören auch die sogenannten Draggers, die statt bloß zweier Arme deren vier oder sechs tragen (Fig. 2), wodurch der Ankerstock vermieden wird, indem bei jeder möglichen Lage des Ankers stets wenigstens zwei Arme auf den Boden zu liegen kommen und sich in denselben eingraben können. Sie haben indes manche Nachteile des gewöhnlichen Ankers und lassen sich überdies schwierig beistauen, so daß sie nur in bescheidenen Abmessungen ausgeführt werden. Sie bilden den Uebergang zum Schirmanker (Fig. 3), der statt einer größeren Anzahl Arme eine ganze Krone trägt. Am besten halten die Anker in mäßig hartem Tonboden, den der Wellenschlag nicht lockert, dann in Sand und seinem Kies, schlecht in Schlamm und grobem[209] Kies, und finden im Felsen, namentlich wenn er Spalten und Risse trägt, wohl einen Halt, gehen aber leicht verloren, da sie nicht mehr gehoben werden können.
Crd. Zschokke.
Der Schiffsanker hat den Zweck, das Schiff im Hafen und auf Reede mit Hilfe der Ankerkette an einem bestimmten Ankerplatz festzuhalten; er muß daher so konstruiert sein, daß er einesteils beim Fallenlassen durch seine eigne Schwere möglichst schnell mittels seiner Arme oder Pflüge in den Grund eindringt und beim Steifkommen der Kette sicher haften bleibt, andernteils jedoch beim Lichten des Ankers, wenn die Ankerkette auf und nieder zu flehen kommt, sich derart um das Ankerkreuz dreht, daß die im Boden vergrabenen Arme aus demselben herausgebrochen werden.
Der ursprünglichste und namentlich in der Handelsmarine noch immer am meisten verwendete Anker ist der Normal- oder Admiralitätsanker (Fig. 4). Er besteht aus dem Schaft a, der durch das Kreuz oder die Krone b in die Arme c mit den Pflügen, Flüen, Flügeln oder Händen d übergeht. Am andern Ende des Schaftes ist der Ring bezw. Schäkel e beteiligt, an dem die Ankerkette angeschäkelt wird. Der Ankerstock f, bei den früheren Normalankern aus Holz und fest gelagert, bei den späteren aus Eisen und zum Beiklappen eingerichtet, ist unterhalb des Ringes bei klarem Anker normal zur Ebene der Arme am Schaft festgekeilt. Da der Normalgüter wegen seiner sperrigen Form namentlich mit festem Stocke an Bord der Schiffe, und zwar stets klar zum Werfen, sich schlecht verstauen und lagern läßt und insbesondere bei Handelsschiffen beim dichten Passieren andrer Schiffe oder von Schleusen Ursache zu Havarien gibt, bei Kriegsschiffen überdies das Feuern der eignen Geschütze behindert, so suchte man die Ankerform diesen Verhältnissen besser anzupassen und zugleich nach Möglichkeit das Greif- und Haltevermögen zu verbessern, um mit Ankern von geringerem Gewicht auskommen zu können. So entstanden die Patentanker von Martin Inglefield, Baxter, Hall, Gruson u.a.
Die Patentanker werden durchweg ohne Stock ausgeführt, und das Haltevermögen wird dadurch vergrößert, daß beide Pflüge zugleich zum Eingriff in den Grund kommen. Der in der deutschen Marine früher gebräuchliche Inglefieldanker (Fig. 5) besteht aus dem Schaft a mit den beiden Transportschäkeln b, b und dem Kettenschäkel c. Die beiden Arme d mit den Händen oder Spaten e sind mit dem Schaft durch den Bolzen f, sowie mit dem Paßstück g mittels der entsprechend verlängerten Arme durch den Bolzen h verbunden. Das Paßstück, das den Zweck hat, das Eingreisen der Arme in den Grund zu begünstigen und den Ausschlag der Arme zu begrenzen, ist etwas stärker als der Schaft, damit zwischen diesem und den geraden Teilen der Arme etwas Spielraum bleibt, und liegt mit der abgerundeten Seite an das abgerundete Ende des Schaftes mit Spielraum an. Der Schaft hat im Anschluß an die Abrundung an beiden Seiten Ansätze zur Begrenzung des Paßstückes.
Der Martinanker ist nach denselben Grundsätzen wie der Inglefieldanker konstruiert; die Befestigung der Arme, die mit je einem Zapfen in die Durchbohrung des Schaftes eingepaßt und miteinander durch Schraubbolzen verbunden sind, hat den Nachteil, daß ein Reinhalten der Zwischenräume zwischen Schaft und Armen sehr erschwert ist.
Beim Hallanker (Fig. 6), der in der Kriegsmarine allgemein eingeführt ist, bestehen beide Arme aus einem Stahlgußstück, das zum Eingreisen der [210] Spaten oben und unten breite Rippen enthält und an dem der stocklose Schaft mittels Bolzen befestigt ist. Der Schaft a mit dem Kettenschäkel c greift mit dem am andern Ende befestigten Bolzen f in das in der Mitte ausgehöhlte Armstück (d e), und der Verbindungsbolzen f ist durch zwei Sicherheitsbolzen g fest gelagert. Die dreieckigen Ansätze h sowie die Schaufelförmige Verbreiterung des Armstücks befördern das Eingreisen der Arme in den Grund und erhöhen zugleich die Haltefähigkeit. Beim Dreigriffanker von Gruson sind an Stelle der Rippen pflügenartige Angüsse vorgesehen. Der Schirm- oder Pilzanker, in der äußeren Form einem aufgespannten Schirm oder einem Pilz ähnlich (Fig. 3), findet vorzugsweise bei Verankerungen der Feuerschiffe Verwendung. Je nach der Lagerung der Anker an Bord und nach ihrem Verwendungszweck unterscheidet man Buganker für den gewöhnlichen Gebrauch, Rüstanker als Reserve, bei Segelschiffen meist auf der Fockrüst verstaut, Heckanker, am Heck gelagert zum Vertäuen des Schiffes und Abhieven desselben bei Grundberührungen, Warp- und Stromanker zum Verholen und zu vorübergehenden Ankerungen im Strom, sowie Bootsanker für Boote. Die letzteren werden meist als Draggen oder Dragganker gefertigt. Der Treibanker findet in der Hauptsache bei Segelschiffen zum Beiliegen im Sturm Verwendung. Er wird meist provisorisch aus Spieren, Segeltuch und Tauwerk hergestellt und wirkt im Wasser, aufrecht treibend, wie das Loggscheit. Er bietet den Vorteil, daß das Schiff beim Treiben den Bug gegen die See wendet und so leichter die Brecher abhält. Das Material der Anker ist mein Schmiedeeisen; einzelne Patentanker, Hall, Gruson, werden aus Stahlguß gefertigt. Jeder Anker wird nach Fertigstellung auf Zug geprüft, und die Belastung richtet sich nach dem Gewicht der Anker. Die Schwere der Anker hängt von der Größe des Schiffes und dem Verwendungszweck ab; in der Kriegs- und Handelsmarine bestehen hierfür bestimmte Normen.
Literatur: [1] Dick u. Kretschmer, Handbuch der Seemannschaft, Berlin 1899. [2] Thiele, Die Ankerausrüstung von Kriegsschiffen, Marine-Rundschau, Berlin 1893. [3] Hauser, Cours de construction navale, Paris 1886. [4] Germanischer Lloyd, Vorschriften für die Klassifikation und den Bau und die Ausrüstung von Schiffen, 1903. [5] E. Krieger, Johows Hilfsbuch für den Schiffbau, Berlin 1902. [6] B. Martinenq, Aide-mémoire du constructeur de navires, Paris 1900.
T. Schwarz.
Buchempfehlung
E.T.A. Hoffmanns zweiter Erzählzyklus versucht 1817 durch den Hinweis auf den »Verfasser der Fantasiestücke in Callots Manier« an den großen Erfolg des ersten anzuknüpfen. Die Nachtstücke thematisieren vor allem die dunkle Seite der Seele, das Unheimliche und das Grauenvolle. Diese acht Erzählungen sind enthalten: Der Sandmann, Ignaz Denner, Die Jesuiterkirche in G., Das Sanctus, Das öde Haus, Das Majorat, Das Gelübde, Das steinerne Herz
244 Seiten, 8.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.
390 Seiten, 19.80 Euro