[6] Affinität . Unter Affinität versteht man die chemische Verwandtschaft der Stoffe zueinander, die Fähigkeit, miteinander in Wechselwirkung zu treten. Als quantitatives Maß der Affinität wird die maximale äußere Arbeit betrachtet, die der Prozeß bei isothermer reversibler Leitung zu leisten vermag.
Man ist versucht, sowohl die Reaktionsgeschwindigkeit wie die auftretende Wärmemenge als näherliegendes Maß der Affinität anzusehen. Die Reaktionsgeschwindigkeit hängt jedoch in hohem Maße auch von äußeren Umständen (Temperatur, Belichtung, Anwesenheit von Katalysatoren) ab. Die Kenntnis endothermer Reaktionen verbietet, die Wärmetönung als Maß der Affinität hinzustellen, was lange Zeit, namentlich von Thomsen und Berthelot, getan wurde. Die äußere maximale Arbeit erfüllt dagegen alle Bedingungen, die man an ein Maß der Affinität stellen muß; denn: 1. nur solche Prozesse verlaufen von selbst, die eine äußere Arbeit leisten können; 2. im Gleichgewichtszustand ist die maximale Arbeit gleich Null; 3. derjenige Zustand ist der stabilste, zu dessen Erreichen die größtmögliche Arbeit geleistet wird. Das Nernstsche Theorem gestattet, aus rein thermischen Daten, nämlich aus Wärmetönung und spezifischen Wärmen, für kondensierte Systeme die Affinität zu berechnen.
Literatur: [1] Nernst, Theoretische Chemie, 7. Aufl., Stuttgart 1913. [2] Pollitzer, Die Berechnung chemischer Affinitäten nach dem Nernstschen Wärmetheorem, Stuttgart 1912.
Wietzel.