Marivaux

[316] Marivaux (spr. -wó), Pierre Carlet de Chamblain de, franz. Theaterdichter und Namanschriftsteller, geb. 4. Febr. 1688 in Paris, gest. daselbst 12. Febr. 1763, versuchte sich früh im Dichten von Intrigenstücken, welche die geheimsten Vorgänge des menschlichen Herzens mit einer eleganten, wenn auch etwas gezierten und antithetisch zugespitzten Art des Ausdrucks analysierten. Dieser Stil, Marivaudage genannt, setzt immerhin Geist, Phantasie und Anmut voraus und ist ebenso oft gelobt wie getadelt worden. Die Stücke »La surprise de l'amour«, »Le jeu de l'amour et du hasard«, »Les fausses confidences«, »Le legs«, »L 'épreuve« haben sich lange auf der Bühne erhalten. M. ist der einzige Lustspieldichter, der Molière nichts oder fast nichts verdankt. Seine Romane haben jetzt das Interesse verloren, obwohl La Harpe den Roman »Marianne, ou les aventures de la comtesse de ***« (Par. 1731–36, 3 Bde.; neue Ausg. 1883) einen der besten französischen Romane nennt. In seinen Nachahmungen AddisonsLe Spectateur français«, »L'indigent philosophe«, »Le cabinet du philosophe«, »Pièces détachées«) bringt er manches Neue und Gute. 1743 wurde er Mitglied der Akademie. Seine »Œuvres complètes« erschienen Paris 1781, 12 Bde.; eine neue, aber weniger vollständige Auflage 1827–30, 10 Bde.; eine neue Ausgabe des »Théâtre complet«, mit Einleitung von E. Fournier, 1877. Eine Auswahl von Moland erschien 1875, von de Lescure 1883. Vgl. J. Fleury, M. et le marivaudage, etc. (Par. 1881); Larroumet, M., sa vie et ses œuvres (2. Aufl., das. 1894); G. Deschamps, Marivaux (in der Sammlung »Les grands écrivains français«, das. 1897); Golubew, M.' Lustspiele in deutschen Übersetzungen des 18. Jahrhunderts (Heidelb. 1904).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 316.
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