Bei den Zahnradbahnen liegt die Zahnstange meist in der Mitte zwischen den Fahrschienen, und zwar für die ganze oder nur für einen Teil der Triebkraft. Im letztern Fall kann die Zahnstange auf besonders steile Strecken beschränkt werden (gemischter Betrieb).
An dem Anfang jeder Zahnstrecke ist alsdann eine Zahnstangeneinfahrt erforderlich: ein etwa 34,5 m langer Teil der Zahnstange, der auf Federn ruht, also etwas beweglich, dabei vorn niedergebogen und flacher gezahnt ist, somit den richtigen Eingriff der Zahnräder sicher und (System Abt) ohne Stoß herbeiführt (Fig. 6). Solche Bahnen können auch für Gebirgslinien Verwendung finden, um Länge und Baukosten erheblich zu ermäßigen. Erste größere Anwendung der Art 1885: Blankenburg-Tanne im Harz, 27 km, davon 6,6 km in 11 Zahnstrecken mit Steigungen von 3560 auf Tausend, System Abt. Die Lokomotiven ziehen mit Hilfe des Zahnantriebes auf den steilen Strecken mit verminderter Geschwindigkeit die gleiche Zuglast hinauf, wie ohne jenen auf den flachern Reibungsstrecken.
Die Steigung der letztern pflegt nicht über 25, diejenige der Zahnstrecken nicht über 120125 auf Tausend zu betragen. Bei Steigungen über 100 auf Tausend müssen au eh die Wagen mit Zahnradbremsen versehen sein.
Die Riggenbachsche Zahnstange (Fig. 7) hat senkrechte Zähne, sie ist eine Leiterschiene, gebildet durch trapezförmige, zwischen zwei ]-Eisen eingenietete Zähne. In verbesserter Weise, ohne Vernietung, hat Bissinger dieselbe Bauart bei der Höllentalbahn in Baden 1887 angewendet.
Abts zwei- und dreiteilige Zahnstange besteht aus zwei (Fig. 8a u. b) oder drei (Fig. 9a u. 9b) Flacheisen, die mittels eiserner Stühle zwischen den Schienen auf eisernen Querschwellen befestigt sind, und deren jedes eine Zahnstange bildet.
Die Zähne der Flacheisen sind in der Längsrichtung um die Hälfte, bez. ein Drittel der Zahnteilung gegeneinander verschoben. Die Zahnräder der Lokomotive bestehen der Breite nach aus zwei, bez. drei nebeneinander gelegten Zahnscheiben, jede etwa doppelt so dick wie die entsprechenden Flacheisen, in die sie eingreifen. Somit sind auch die Zähne der Räder um ebensoviel gegeneinander versetzt wie diejenigen der Zahnstange. Die einzelnen Zähne greifen mithin in ganz kurzen Zwischenräumen nacheinander ein, und stets nehmen mehrere Zähne gleichzeitig an der Druckübertragung teil, so daß die Bewegung sicherer, sanfter und stoßfreier wird, zumal da die einzelnen Zahnscheiben eines Triebrades eine ganz kleine federnde Bewegung gegeneinander gestatten, um etwaige Ungenauigkeiten der Zahnteilung auszugleichen. Zudem gibt Abt seinen Lokomotiven stets zwei (oder mehr) Zahntriebräder, deren Zahnstellung gegeneinander wiederum versetzt ist. Fig. 8 zeigt eine zweiteilige Zahnstange, a die Längenansicht mit Eingriff des Zahnrades, b den Querschnitt der Zahnstange mit einer Befestigungsart, die in der Mitte Platz für einen am Wagen befestigten, champignonförmigen Anker läßt, der mit seinem Kopfe unter die Zahnstange greift, um ein Abheben des Wagens sicher zu verhindern. Fig. 9 zeigt eine dreiteilige Zahnstange der Bahn Blankenburg-Tanne in Ansicht und Querschnitt. Hier beträgt die Zahnteilung 120 mm, es erfolgt also bei jedem Zahntriebrad nach je 40 mm, im ganzen bei zwei Triebrädern nach je 20 mm ein Eingriff.
Diese Anordnung hat ausgedehnte Anwendung gefunden, namentlich in Verbindung mit dem vorwiegend durch Abt ausgebildeten System gemischten Betriebes. Die Zahnstange der Jungfraubahn ist eine Breitfußschiene mit hohem, steil unterschnittenem Kopf, aus dessen oberem Teil die Verzahnung herausgefräst ist. Diese Schiene dient zugleich zu einer sehr kräftigen Bremsung, indem eine Zangenbremse den Schienenkopf umfaßt und bei Einstellung an die steile Unterschneidung des Kopfes angepreßt wird, somit außer der eignen Reibung das ganze Fahrzeug fest auf die Fahrschienen niederzieht.
Eingriff mit wagerechter Verzahnung, also senkrechter Achse der Zahnräder, und zwar beiderseits der Zahnstange (Fig. 10), somit eine weitere Ausbildung der Feilschen Klemmräder durch Anwendung der Verzahnung statt der einfachen Reibung, ist zuerst bei einer von Agudio mit indirektem Seilbetrieb ausgestatteten, 2,3 km langen Versuchsstrecke bei Lang le Bourg am Mont Cenis auf Steigungen bis 385 auf 1000 zur Anwendung gelangt, hat jedoch wenig Beachtung gefunden. Locher hat bei der Pilatusbahn (1889) den gleichen Grundgedanken, jedoch mit Dampf-Lokomotivbetrieb, zur Ersteigung von Neigungen bis 480 auf 1000 verwendet. Diese Bahn (s. Tafel III, Fig. 5) von 4,27 km Länge und 1625 m Hebung hat, wie diejenige zum Monte Generoso und zum Rothorn, 80 cm Spurweite. Sie ist zum Teil an äußerst steilen, ganz nackten Felswänden, mehrfach im Tunnel angelegt und muß als eine der kühnsten derartigen Bauten bezeichnet werden. Zur Sicherung gegen zu rasche Talfahrt führen die Fahrzeuge außer den üblichen noch eine besondere selbsttätige Bremsvorrichtung, die bei Überschreitung einer gewissen Geschwindigkeitsgrenze (1,3 m in der Sekunde) sofort auf die Zahnräder wirkt. Die Sicherung der Wagen gegen Umsturz durch Seitenkräfte (wie Sturmwind) geschieht durch Vorrichtungen, welche die Schienenköpfe klammerartig umfassen. Die Fahrt auf den beiden andern genannten Bergbahnen ist wegen der viel flachern Neigung (220 und 250 auf 1000) und der mehrteiligen Zahnstange ungleich sanfter.
Meyers-1905: Bergbahnen
Buchempfehlung
»Was mich einigermaßen berechtigt, meine Erlebnisse mitzuteilen, ist der Umstand, daß ich mit vielen interessanten und hervorragenden Zeitgenossen zusammengetroffen und daß meine Anteilnahme an einer Bewegung, die sich allmählich zu historischer Tragweite herausgewachsen hat, mir manchen Einblick in das politische Getriebe unserer Zeit gewährte und daß ich im ganzen also wirklich Mitteilenswertes zu sagen habe.« B.v.S.
530 Seiten, 24.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.
428 Seiten, 16.80 Euro