Bei der Gewinnung oder Entnahme des Wassers kommt es darauf an, welche Gewinnungsart die bequemste ist und ob das Wasser sich für den gegebenen Zweck am besten eignet. Von allem Nutzwasser, mit Ausnahme desjenigen, das zum Bewässern von Grundstücken dient, verlangt man, daß es von Sinkstoffen frei sei, zumindest kein Geschiebe führe. Nach diesen Hauptgesichtspunkten kommen verschiedene Vorrichtungen und Verfahrungsarten in Betracht, um das Wasser dort, wo die Natur es darbietet, zu gewinnen, es an die Verwendungstelle zu leiten und hier es dem Gebrauch zugänglich zu machen. Das oberflächlich abfließende oder sich ansammelnde Wasser (Tagwasser) wird uns dargeboten in Flüssen, Seen, Staubecken; das Bodenwasser in Hoch- und Tiefquellen (Grundwasser). Um das Wasser von Sinkstoffen zu befreien, läßt man es in Klärbecken stehen oder durch Filterbeete sickern. Die Speisung von Auslaufbrunnen und Feuerwechseln erfordert einen gewissen Druck und macht Hochbehälter oder Windkessel und Standrohre in Verbindung mit Druckpumpen nötig, von denen die Hauptrohrstränge ausgehen. Auch in die Hochbehälter muß das Wasser unter Umständen durch Pumpen gehoben werden.
Zur Weiterbeförderung des Wassers dienen die eigentlichen Leitungen, worin das Wasser wie in offenen Gerinnen fließt, und die Rohrstränge, worin es unter Druck strömt.
Die Rohrstränge verzweigen sich in den Städten und Ortschaften und bilden ein Rohrnetz. Im Rohrnetz unterscheidet man die vom Hochbehälter ausgehenden Hauptröhren, die von diesen abzweigenden Zweigröhren und die von den Zweigröhren ausgehenden Dienströhren, welche die einzelnen Häuser versorgen und an welche die Hausleitungen sich anschließen.
Hauptröhren haben Durchmesser bis zu 2 m und werden aus Guß- oder aus Walzeisen hergestellt. Zu den Hausleitungen verwendet man Eisen- und Bleirohre, deren Durchmesser bis auf wenige Zentimeter herabgeht.
Zur weitern Erläuterung mögen die nachfolgenden Beispiele dienen:
A. Entnahme des Wassers. 1) Aus Flüssen. Die unmittelbare Versorgung der Städte mit rohem Flußwasser ist die einfachste und ergiebigste, aber auch gesundheitlich bedenklichste Art. Sie war noch 1893 in Amerika fast allgemein üblich, wird aber seither allmählich verlassen. (Vgl. Kreuter, Amerikanische Wasserwerke. Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1896.) Eines der bedeutendsten Werke war das von St. Louis, Missouri. Man hatte bereits 1865, im ersten Entwurf der ältern Anlage bei Bissels Point, Filter in Aussicht genommen, ließ es jedoch bei bloßen Klärbecken bewenden. Für das neue Schöpfwerk wurde 1893, zur Entnahme des Wassers aus dem Mississippi, auf der Felsbank Chain of Rocks, etwa 12 km oberhalb St. Louis, mitten im Strom ein Schacht abgeteuft, über dem sich ein mit Einlaßschützen versehener Turm erhebt. Vom Boden dieses Schachtes führt ein Stollen unter dem Flußbett zu einem zweiten Schacht am Ufer, von da ein zweiter Stollen zum Pumpenhaus. Die Pumpen heben das Wasser in die hochgelegene Verteilungskammer, aus der es den Klärbecken zugeleitet wird. Das Werk ist für eine Tagesleistung von 378,600 cbm entworfen. Die sechs Klärbecken fassen je 83,500 cbm und können unabhängig voneinander gefüllt und entleert werden. Das Wasser bleibt darin 24 Stunden stehen und wird dann in den Abzugstollen gelassen. Den Schlamm spült man etwa alle 10 Wochen durch besondere Öffnungen und Kanäle in den Fluß hinaus. Die Schicht feinst geschlämmten Tones, die sich in dieser Zeit absetzt, ist etwa 1 m hoch. Das geklärte Wasser fließt im Abzugkanal den großen Pumpwerken zu, die, mit Windkesseln und Standrohren ausgerüstet, die Stadt versorgen.
2) Eines der ersten und großartigsten Beispiele für die Versorgung von Städten aus Seen bildet das Wasserwerk von Chicago am Michigansee (s. Kreuter, a.a.O.), dessen Anfänge ins Jahr 1864 zurückreichen, wo der erste unterseeische Stollen gebaut wurde, um weitab vom Ufer, namentlich von der Mündung des verpesteten Chicagoflusses, das Wasser zu fassen. Im Jahre 1893 waren vier großartige Stollenanlagen, darunter zwei Doppelstollen, insgesamt 30 km lang, teils vollendet, teils im Bau. Im Jahre 1894 wurde bereits der Bau eines weitern, 6400 m langen Stollens geplant. Jeder Stollen endet im See mit einem Schacht und ist so eingerichtet, daß er ohne Störung des Betriebes verlängert werden kann. Der Schacht erhebt sich als eisernes Rohr bis über den Seespiegel, ist von einem sechseckigen Fangdamm aus Blockwänden mit Steinfüllung umgeben, in welchem sich Einlaßöffnungen befinden, und von einem kräftigen Überbau mit Zeltdach überdeckt, worin ein Wärter wohnt. Am Ufer enden die Stollen in Pumpenschächten. Es sind weder Hochbehälter noch Standrohre vorhanden. Die Arbeit zur Ausgleichung der Pumpenstöße fällt den Windkesseln zu. Chicago erfreut sich der reichlichsten Wasserversorgung der Welt, aber die Beschaffenheit des Wassers ist höchst bedenklich. Längs des ganzen, von der Millionenstadt besetzten Ufers münden die Kanäle in den See. Wind und Wellen treiben den Unrat weit hinaus bis zu den mit ungeheuern Opfern geschaffenen Entnahmestellen, von wo das Wasser ohne weitere Umstände der Benutzung zugeführt wird. Das größte Übel war der Chicagofluß, ein 3 km langer, entsetzlich vernachlässigter, von großen Seeschiffen befahrener Jauchestrom. 85 Proz. des Kanalinhalts der Stadt ergießen sich in diesen Fluß und 15 Proz. unmittelbar in den See. Der Calumetfluß bringt weniger Unrat, aber schwallweise, bei Hochwasser. Der Bodenschlamm der Flüsse wurde von Zeit zu Zeit durch Pumpenbagger ausgehoben und weit hinaus, aber doch wieder in den See, versenkt. Man hatte indessen bereits 1893 ein gewaltiges Werk in Angriff genommen, um den See fortan rein zu halten, nämlich den Abwässer- (Drainage-) Kanal. Durch ihn wurde der urzeitliche Abfluß des Michigansees nach dem Mississippi wieder eröffnet und der gesamte Unrat der Riesenstadt in den Vater der Gewässer befördert, zum Besten von Chicago, aber sicherlich auf Kosten der gesundheitlichen Verhältnisse von St. Louis. Als Gegenstücke der Wasserwerke von St. Louis und Chicago sind die Anlagen in Hamburg und Berlin hervorzuheben. In Hamburg wird das Elbwasser, in Berlin das Wasser des Tegeler Sees durch Filterung vollkommen gereinigt und unschädlich gemacht (F.A. Meyer, Das Wasserwerk der Freien und Hansestadt Hamburg, 1894; Wasserwerk der Stadt Berlin am Tegeler See, Glasers Annalen, 1887, u. Deutsche Bauzeitung, 1894, S. 1).
3) Für die Wasserversorgung aus Staubecken bieten New York und Boston hervorragende Beispiele (s. Talsperren). Zum Ablassen des Wassers dienen Röhren, die in einer Dohle unter der Sohle des Dammes hindurchgehen, oder besser in einem ausgemauerten Stollen durch das feste Gebirge hinter dem einen Ende des Dammes herumgeführt werden.
Auf dem innern Ende der Dohle oder des Stollens erhebt sich bei den vollkommensten Anlagen ein Turm, der in verschiedenen Höhen Öffnungen mit Schiebern hat, um das Wasser dort entnehmen zu können, wo es jeweils am klarsten ist. Der Turm kann gemauert oder aus gußeisernen Ringen mit Muffenverbindung aufgebaut sein. Vom Land aus ist er durch einen Steg auf Pfeilern zugänglich. Die durch den Stollen in den Turm gehenden Versorgungsröhren sind daselbst an ein lotrechtes Standrohr angeschlossen, an das in gleichen Abständen Abzweigungen angegossen sind, die durch die Wand des Turmes ins Wasser hinausragen und innerhalb des Turmes durch Schieber, aber auch noch außerhalb durch Klappen verschließbar sind.
Zur Bedienung der Schieber sind im Turme mehrere Böden und Leitern vorhanden. Ist der Turm in den Damm oder in die Staumauer eingebaut, so heißt er Schieberschacht. Hat der Sammelteich zur Wasserversorgung einer Stadt, überhaupt für Zwecke zu dienen, die reines Wasser erfordern, so müssen mindestens zwei Auslaßröhren vorhanden sein. Die Nutzwasserröhre, die das Wasser mittels der gekennzeichneten Vorrichtungen oberhalb des niedrigsten Wasserstandes entnimmt, um es der zu versorgenden Örtlichkeit zuzuführen, und die Schlämm- oder Reinigungsröhre, die vom Boden des Teiches oder in dessen Nähe ausgeht, um das Wasser in den natürlichen Wasserlauf unterhalb des Dammes zu ergießen. Sie wird gelegentlich geöffnet, um den abgesetzten Schlamm zu entfernen, und ist an der Einmündung durch ein Sieb geschützt, damit Steine, Holzstücke u. dgl. von den Schiebern abgehalten werden.
4) Bei der Wasserfassung aus Quellen sollte man bedenken, daß eine Quelle, die das ganze Jahr nahezu dieselbe Wassermenge liefert, eine von Natur geregelte Abflußöffnung darstellt, durch die ein unterirdischer Wasserbehälter ständig die mittlere Menge des Wassers entleert, das ihm mit Unterbrechungen (je nach den Witterungsverhältnissen) zufließt. Mehr Wasser kann man auf die Dauer im Mittel nicht gewinnen. Durch allzu gewalttätiges Vorgehen (mittels Stollennetzen) kann man den Beharrungszustand stören, so daß an Stelle des gleichmäßigen Abflusses ein schwankender tritt. Man sollte also der unterirdischen Wasserader nur so weit nachgehen, bis man sie beisammen findet, oder, wenn sie aus mehreren Spalten zutage tritt, bis man sich aller dieser Ausgänge versichert hat. So entsteht an der Mündung ein beckenartiger Bau mit kurzen Abzweigungen, der überdeckt wird und Brunnenstube heißt. Eines der schönsten Beispiele im großen ist die Fassung des Kaiserbrunnens bei Wien (Fig. 1 u. 2). Mittels eines Stollens wurde eine Grotte erschlossen, in welche die Quellen von allen Seiten eintreten. Davor quillt das Wasser kräftig aus dem Boden an weitern fünf Stellen, die durch ein Becken gefaßt wurden. Am Auslauf der Brunnenstuben pflegt man Überfälle anzubringen, um regelmäßig die Abflußmengen messen (eichen) zu können. Eine einfache Brunnenstube stellt Fig. 3 dar. Die Quelle wird dort, wo sie auf der wasserführenden Schicht herabrinnt, durch eine rinnenförmige Steinplatte abgefangen und in den wasserdichten Behälter geleitet, von dem das Leitungsrohr mit dem Seiher S ausgeht, der Überschuß aber durch den Überlauf U abgeführt wird. Am Boden befindet sich eine Ablaßöffnung mit Ventil, das von der Stange L aus bedient wird. Der Zugang erfolgt durch eine verschließbare Einsteigöffnung.
5) Zur Gewinnung von Grundwasser ist das einfachste Mittel seit Anfang der 1850er Jahre in Holland gebräuchlich. Die Sanddünen lassen die Niederschläge rasch einsickern und halten sie zurück. Man zieht einfach tiefe Gräben (Fig. 4), deren Sohle über dem höchsten Meeresstande liegt und die sich, den Talzügen der Dünen folgend, netzartig verzweigen. Die einzelnen Maschen des Grabennetzes lassen sich behufs Reinigung und Ausbesserung mittels Schützen in Querdämmen absperren. Das erschlossene Wasser wird mit einem Gefalle von etwa 1:5000 einem gegrabenen Behälter zugeleitet, dann gefiltert und durch Pumpwerke der Verwendung zugeführt. Die Gräben des Netzes für die Stadt Amsterdam haben eine Gesamtlänge von 13 km und entziehen einem Gebiet von 2500 ha jährlich gegen 7 Millionen cbm Wasser.
Um das Grundwasser in größerer Tiefe zu fassen, werden Schächte abgeteuft (Fig. 5 u. 6), deren Wandung im untern Teile durchlässig (Fig. 5) ist, und von denen man zuweilen noch Sammelrohre oder Sammelstollen ausgehen läßt. Da der Beharrungszustand des Grundwasserstromes durch eine tiefliegende Entnahme gestört wird, kann der Strom zeitweise unzureichend werden. Man hat deshalb Einrichtungen getroffen, um bei reichlichem Zufluß die den Verbrauch übersteigende Wassermenge nicht nutzlos entweichen zu lassen, sondern sie unterirdisch aufzuspeichern, somit dem ursprünglich vorhanden gewesenen natürlichen Beharrungszustande sich wieder tunlichst zu nähern, also es dahin zu bringen, daß man in der trockenen Zeit, wo man das meiste Wasser braucht, den Bedarf decken kann. Ein sehr schönes Beispiel bietet die Wasserversorgung von Wiesbaden.
Durch eine Stollenanlage von im ganzen etwa 3000 m Länge wurde der Grundwasserspiegel stark gesenkt, und es traten Schwankungen in der Abflußmenge ein, entsprechend den Zugängen durch die Niederschläge. Man hat darauf Stollenverschlüsse eingebaut, durch welche die im Winter und Frühjahr abfließenden übergroßen Wassermengen für die Sommermonate zurückgehalten werden. Die Verschlüsse bestehen hier aus Toren, könnten aber in andern Fällen auch aus Schützen bestehen, die von Schächten aus bedient werden.
Es füllen sich alsbald die oberhalb der Verschlüsse liegenden Stollenabteilungen mit Wasser, und der Grundwasserspiegel hebt sich auch im benachbarten durchlässigen Boden wieder annähernd auf jene Höhe, die er vor der Störung des Gleichgewichts innehatte. Fig. 7 stellt den Stollenabschluß des Aachener Wasserwerkes dar. T ist die eiserne Tür, A das durch einen Schieber verschließbare Abflußrohr. Außerdem ist eine Röhre vorhanden, durch die man die Luft ausströmen lassen kann, und am Boden ein Schlammrohr._ Mächtige tiefliegende Grundwasserträger werden durch Schächte (Brunnen) mit Pumpen erschlossen. Die Brunnenschächte (Fig. 8) sind ausgemauert oder mit Eisen ausgekleidet. Die Pumpen sind entweder einfachwirkende Saugpumpen oder Saug- und Druckpumpen. Die Saughöhe könnte theoretisch 10 m betragen, man beschränkt sich aber zur Sicherheit auf höchstens 7 m.
Sehr rasch läßt sich Grundwasser erschließen durch die Nortonbrunnen. Ein eisernes Rohr, 2560 mm weit, endet in einer Stahlspitze und ist unten siebartig durchlöchert, damit das erreichte Grundwasser eindringen kann. Das Rohr wird in den Boden eingerammt oder eingeschraubt, in welchem Falle die Stahlspitze durch eine Schraube ersetzt wird. Ist man tief genug eingedrungen, so wird oben eine einfache Pumpe aufgeschraubt. Die Wirkung erstreckt sich auf Tiefen von etwa 7 m. Die Röhren werden aus Baulängen von 0,754,5 m mittels Schraubenmuffen zusammengesetzt. Beim Rammen dient die Röhre dem in der Mitte durchbohrten Rammklotz als Führung, der auf eine angeschraubte Schelle schlägt.
6) Eine besondere Stellung nehmen die Zisternen ein (Fig. 9). Das sind Behälter zum Sammeln des Regenwassers, das einfachste und für wasserarme Gegenden, wie den Karst, oft das einzige Mittel der Wassergewinnung. Sie sind in heißen Gegenden seit den ältesten Zeiten gebräuchlich. Venedig, das jetzt eine Quellwasserleitung besitzt, hatte vordem über 2000 Zisternen von sinnreicher Bauart (Fig. 9). In den Boden ist ein geräumiges Becken aus wasserdichtem Gemäuer eingelassen und mit reinem Sand gefüllt. Das auf der Oberfläche abfließende Wasser wird durch entsprechende Abdachung herzugeleitet, gelangt durch vergitterte Fallöcher in einen über der Sandmasse angelegten Verteilungskanal und sickert zu Boden, wobei eine Filterung eintritt. In der Mitte des Beckens befindet sich ein Brunnen, aus dem man das Wasser schöpft.
B. Filter. Das Wasser aus offenen Gewässern (Flüssen, Sammelteichen, Seen) muß in den meisten Fällen gefiltert werden. Ein Filterbeet besteht aus einem flachen, großen, gepflasterten Behälter von etwa 1,5 m Tiefe. Den Boden bedeckt entweder eine Lage Drainröhren mit offenen Fugen oder eine Schicht Ziegel mit Zwischenräumen, die zu einer in der Mitte des Beetes angelegten Abzugdohle führen. Die Drainschichten sind etwa 90 cm hoch mit Kies und dieser ist 0,6 m hoch mit Sand bedeckt. Das Wasser wird sehr langsam und gleichförmig über die Oberfläche des Sandes gebracht; es sickert allmählich hinab und sammelt sich in der Dohle. Da die ganze Wirksamkeit des Filterns auf seiner Langsamkeit beruht, sollte die Oberfläche des Sandbeetes so groß sein, daß die Geschwindigkeit des lotrechten Durchsickerns nicht mehr als 1530 cm in der Stunde beträgt, so daß man also auf 1 qm Filterfläche 3,67,2 cbm in 24 Stunden zu rechnen hätte oder auf 1 cbm täglichen Verbrauches rund 1/4-1/7 qm. Der Schmutz sammelt sich in einer dünnen Schicht an der Oberfläche des Sandes, bis schließlich das Filter kein Wasser mehr durchläßt und gereinigt werden muß, indem man die schmutzige Schicht abhebt. Man muß also mehrere Filterbeete haben, damit sie abwechselnd außer Betrieb gesetzt und gereinigt werden können. Der abgehobene Sand wird mittels eigner Vorrichtungen gewaschen und wieder verwendet.
Ob man Filter und Klärbecken zugleich verwendet, hängt von der Beschaffenheit des Wassers ab. Seen und Stauweiher wirken an sich als Klärbecken; aber auch bei unmittelbarer Entnahme des Wassers aus Flüssen wird man es häufig vorziehen, den vorhandenen Raum allein zur Anlage der wirksamern und vorteilhaftern Filter zu verwenden.
C. Vorratbehälter sollen namentlich die Schwankungen im täglichen Verbrauche des reinen Wassers ausgleichen. Auch große Filterbeete können zugleich als Vorratbehälter dienen. Sie werden alsdann, ebenso wie diese, überwölbt und noch mit Kies überschüttet (Fig. 11). Damit kein Wasser verloren geht, sollten die Filterbeete sowohl als die Vorratbehälter gut gedichtet werden. Dies geschieht, indem man den gepflasterten Boden auf eine Tonschicht setzt und auch die Umfassungsmauern mit Ton hinterstampft.
Eine ganz eigenartige Hochbehälteranlage, von Reichardt erbaut, besitzt die Stadt Karlsruhe (Fig. 10). Im Stadtgarten wurde ein See ausgehoben und der Aushub zu einem Berge aufgeschüttet, auf dessen Gipfel man ein eisernes kugelförmiges Gefäß von 3200 cbm Inhalt einbettete. Das Wasser wird am Boden des Behälters entnommen, wo es am kühlsten ist. Vom Wasserspiegel geht das Überlaufrohr aus.
Den Durchschnitt eines Behälters aus Beton zeigt Fig. 11. Oben ist ein Luftschlot angebracht, damit beim Steigen und Fallen des Wasserstandes der Luftdruck sich ausgleichen kann. Trinkwasser wird allerdings um so ungenießbarer, je mehr es dem Luftwechsel ausgesetzt ist. Hochbehälter für kleinern Bedarf sind eiserne Gefäße, die auf gemauerten Türmen oder eisernen Gerüsten ruhen und durch Pumpen gespeist werden, zu deren Betrieb Windräder, Dampfmaschinen u. dgl. dienen (Fig. 12).
D. Zur Hebung des Wassers dienen bei Zisternen und kleinern Brunnen Eimer mit oder ohne Aufziehvorrichtung und die bereits erwähnten, mit Menschenkraft betriebenen Saug- und Druckpumpen. Wasserkraft wird verwendet beim hydraulischen Stoßheber oder Widder von Montgolfier, bei der Wassersäulenmaschine nach Reichenbach und zum Betriebe von Kolben und Kreiselpumpen durch Wasserräder und Turbinen (s. die betreffenden Artikel). Außerdem kommen alle Arten von Kraftmaschinen zum Betrieb der Pumpen in Betracht.
E. Das Leitungsnetz. Denken wir uns, auf einer wagerechten, geschlossenen Fläche werde gleichmäßig Wasser verbraucht, das von einem außerhalb gelegenen Punkte P zugeführt wird (Fig. 13), und daß der Zuführung des Wassers keinerlei Hindernisse im Wege stehen. Die von P ausgehende Hauptleitung wird am zweckmäßigsten nach dem Schwerpunkte der Stadtfläche gerichtet sein.
Dann muß von dem Punkte R an, wo die Zuleitung in das Stadtgebiet eintritt, das städtische Röhrennetz so eingerichtet werden, daß Anlage und Betrieb der Versorgung am billigsten werden. Je nach Form und Größe des Gebietes geht dann von R ein Hauptstrang aus, oder es sind deren mehrere nötig. Bietet sich aber z.B. im Stadtgebiete eine zur Anlage eines Hochbehälters günstige Anhöhe dar, so kann der Punkt R in das Stadtgebiet rücken und das Rohrnetz strahlenförmig von ihm ausgehen (Fig. 14).
Wenn jedoch in einem solchen Verästelungsnetz an irgendeiner Stelle eine Unterbrechung eintritt, so sind alle folgenden Anschlüsse außer Betrieb gesetzt.
Dieser und weitere Nachteile werden umgangen durch das sogen. Zirkulationssystem oder Ringnetz (Fig. 15), wobei die einzelnen Zweige noch durch eine besondere Ringleitung verbunden werden; hier sind auch die Druckschwankungen weniger fühlbar. Die in Wirklichkeit sehr unregelmäßige Begrenzung der Stadtgebiete und die gegebene Lage der Straßen gestattet natürlich nur eine sehr ungefähre Annäherung an die theoretisch günstigsten Linien. Als Beispiel diene die Stadt Dresden (nach Frühling, Fig. 16). Die Zahlen bedeuten die Rohrweiten in Zentimetern. Das Wasser ist Grundwasser, eigentlich Sickerwasser aus der Elbe, das durch Röhren, die am rechten Ufer entlang laufen, gesammelt dem Pumpwerk zugeleitet und in den Hochbehälter gehoben wird. Die doppelt geführte, 60 und 75 cm weite Zuleitung durchzieht die Neustadt und speist sie durch Abzweigungen, die entsprechend der Lage des Straßennetzes untereinander verbunden sind. Dann überschreiten die Zuleitungen die Elbe, treten bei A in die Altstadt ein und verzweigen sich hier in vier Hauptstränge, die durch Zwischenstränge so verbunden sind, daß die meisten Straßen sich von mehr als einer Seite speisen lassen.
Bei A sind beide Zuleitungen verbunden, damit die Stadt versorgt werden kann, wenn die eine Leitung außer Betrieb gesetzt werden müßte. Ein zweiter Verbindungsstrang ist später noch bei B eingelegt worden.
F. Einzelheiten. Die hölzernen Leitungsröhren, die auf dem Lande zur Versorgung einzelner Gehöfte dienen, werden in Längen von 34 m gebohrt und am besten unabgerindet in den Boden verlegt. Die Verbindung besteht in einer Verzapfung (das eine Ende wird weit kegelförmig ausgebohrt, das andre entsprechend zugespitzt), oder man treibt einen scharfrandigen eisernen Ring zwischen die stumpf gestoßenen Enden (Fig. 17). Bei Tonröhren, die für geringen Druck und, verglast, für Mineralwasserleitungen in Betracht kommen können, sind Muffenverbindungen gebräuchlich. Gußeiserne Röhren werden mittels Muffen oder Flanschen (Fig. 18 u. 19), schmiedeeiserne werden durch Flanschen verbunden oder kegelförmig hergestellt, so daß sie mit entgegengesetzten Enden sich ineinander stecken und vernieten lassen. In den Zwischenraum der Muffen und Flanschen wird die Dichtung eingebracht (Fig. 19). Schmiedeeiserne und stählerne Rohre werden entweder genietet oder mit Überlappung geschweißt oder nach dem Mannesmannschen Verfahren hergestellt. Für Anschlüsse, Abzweigungen, Krümmungen der gußeisernen Rohrstränge hat man besondere Formstücke. Da sich aus dem Wasser Luft lostrennt, in den Scheitelpunkten ansammelt und ein stoßweises Fließen verursachen würde, so sind selbsttätige Entlüftungsventile anzubringen. Die einfachste Bauart stellt Fig. 20 dar. Die Leitungsröhre erhält oben ein Loch, auf welches das Gehäuse geschraubt wird. Es hat im Deckel eine ins Freie führende Öffnung und im Innern eine hohle, schwimmende Metallkugel. Wenn das Rohr voll ist, so dringt das Wasser ins Gehäuse und schließt die Öffnung von innen, indem es die Kugel dagegen drückt.
Sammelt sich Luft im Gehäuse, so wird das Wasser verdrängt, bis die Kugel frei wird, herabfällt und die Öffnung freigibt. Als Abschlußvorrichtungen dienen Schieber, Hähne und Ventile. Wasserschieber von Bopp und Reuther für Rohrweiten bis 30 cm und hohen Druck sind in Fig. 21 u. 22 dargestellt. In die Rohrstränge müssen häufig Hydranten oder Feuerwechsel eingeschaltet werden, die auch z.B. in Wien zum Straßenspritzen dienen (Fig. 23). Bei a wird ein Schlüssel angesetzt, um mittels der Schraubenspindel c das Ventil v zu öffnen oder zu schließen. Bei b wird der Schlauch angeschlossen, nachdem man den kleinen Deckel abgenommen hat. Die Hausanschlüsse können von den Dienströhren abzweigen mittels Formstücken, die man sofort mit der Leitung
verlegt. Bequemer ist es aber, für Neubauten den Rohrstrang an jeder geeigneten Stelle anzubohren und besondere Verbindungsteile zu verwenden, die sich überall ohne weiteres anbringen lassen, wie Reuthers Ventilrohrschelle (Fig. 24). In das Straßenpflaster wird ein Rohrstück mit Deckel eingesetzt, um mit dem Schlüssel die Schraubenspindel zu erreichen, die das Ventil ähnlich wie bei Fig. 23 öffnet und schließt.
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