63. Mozarteum.

[54] München 6. Oct. 1777.

Die Mama kann nicht anfangen; erstlich verdrießt es sie; zweitens thut ihr der Kopf wehe! Mithin muß halt ich herhalten. Nun werde ich den Augenblick mit Herrn Professor die Mademoiselle Keiserin besuchen. Gestern war bey uns im Hause eine geistliche Hochzeit oder Altum Tempus Ecclesiasticum. Es wurde getanzt, ich tanzte aber nur 4 Menuets, und um 11 Uhr war ich schon wieder in meinem Zimmer; denn es war unter 50 viel Frauenzimmern eine einzige, welche auf den Tact tanzte, und diese war Mademoiselle Käser, eine Schwester vom Hrn. Secretair des Grafen Perusa. – Der Hr. Professor hat die Güte gehabt mich anzusetzen, folglich kam ich nicht zur Madelle Keiserin, weil ich ihre Wohnung nicht weiß. Vorgestern als den 4. Samstag am Hochfeierlichen Namenstag seiner königlichen Hoheit des Erzherzogs Albert war eine kleine Academie bey uns. Sie fing um halb 4 Uhr an und endigte sich um 8 Uhr. Mr. Dubreil, dessen sich der Papa noch erinnern wird, war auch da, er ist ein Scolar von Tartini. Vormittags gab er dem jüngsten Sohn Carl Lection auf der Violine, und ich kam just dazu. Ich hatte nie viel Credit auf ihn, ich sah aber, daß er mit vielem Fleiß Lection gab, und als wir in Discurs kommen von Concertgeigen und Orchestergeigen, raisonnirte er sehr gut und war immer meiner Meinung, sodaß ich meine vormaligen Gedanken zurück nahm und persuadirt war, daß ich einen recht guten Treffer und accuraten Orchestergeiger an ihm finden würde. Ich bat ihn also, er möchte die Güte haben und nachmittag zu unserer kleinen Academie kommen. Wir machten gleich zuerst die 2 Quintetti vom Haydn, allein mir war sehr leid, ich hörte ihn kaum, er war nicht im Stande 4 Takte fort zu geigen ohne zu fehlen. Er fand keine Applicatur. Mit den Sospirs [kleinen Pausen] war er gar nicht gut Freund. Das beste war, daß er sehr höflich gewesen und die Quintetti gelobt hat, sonst – –. So sagte ich aber gar nichts zu ihm, sondern er selbst sagte allzeit: »Ich bitte um Verzeihung, ich bin schon wieder weg! das Ding ist kützlich aber schön.« Ich sagte allzeit: »Das hat nichts zu sagen,[55] wir sind ja unter uns.« Dann spielte ich das Concert in C in B und Es und dann das Trio von mir. Das war gar schön accompagnirt, im Adagio habe ich 6 Takte seine Rolle spielen müssen. Zu guter letzt spielte ich die lezte Cassation aus dem B von mir. Da schauete alles groß drein. Ich spielte als wenn ich der größte Geiger in ganz Europa wäre.

Sonntag darauf um 3 Uhr waren wir bey einem gewissen H.v. Hamm. Der Bischof im Chiemsee ist heute schon nach Salzburg gereist. NB. ich schicke meiner Schwester hier 6 Duetti a Clavicembalo e Violino von Schuster. Ich habe sie hier schon oft gespielt, sie sind nicht übel. Wenn ich hier bleibe, so werde ich auch 6 machen auf diesen Gusto, denn sie gefallen sehr hier.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 54-56.
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