134. Mozarteum.

[249] München 16. Dez. 1780.

Gestern war Hr. Esser zum erstenmal bei mir. Ist er in Salzburg zu Fuß gegangen? oder auch wie hier immer in der Kutsche herumgefahren? Ich glaube das bischen Salzburger Geld wird nicht im Beutel bleiben wollen. Sonntags speisen wir zusammen beim Cannabich und da muß er uns seine gescheidte und närrische Solos hören lassen. Er sagt, er gibt kein Concert hier, will sich auch bei Hof nicht produciren, er sucht es nicht, wenn ihn der Churfürst hören will. »Eh bien, ich bin da, es wird mir eine Gnade sein, allein ich melde mich nicht.« Uebrigens mag er ein guter Narr, Teufel! – Ritter wollte ich sagen, sein, er fragte mich schon, warum ich den Sporn nicht trüge? Ich sagte, ich hätte an dem im Kopf schwer genug zu tragen. Er hatte die Güte mein Kleid mir am Leibe ein wenig auszubürsten, und sagte: »Ein Cavalier darf den andern schon bedienen.« Ungeachtet dessen hatte er doch den nämlichen Nachmittag, ganz gewiß aus Vergessenheit, als er zum Cannabich kam, seinen Sporn (ich meine den äußerlichen, sichtbaren) zu Hause gelassen oder wenigstens so gut zu verstecken gewußt, daß man nicht das Geringste davon zu sehen bekam. Nun geschwind, sonst vergesse ich wieder. Die Mad. und Mademoiselle Cannabich[249] fangen an, aus Ursache hiesiger Luft und Wasser immer am Hals etwas dicker zu werden; auf die Letzt könnte gar ein Kropf daraus werden. Gott sei bei uns! Sie nehmen zwar ein gewisses Pulver, was weiß ich, aber so heißt es nicht. Nein, allein es will doch nicht recht nach Contentement ausfallen. Derentwegen nahm ich mir die Freiheit die sogenannten Kropfpillen anzuempfehlen, vorgebend (um den Werth dieser Pillen zu erhöhen), daß meine Schwester 3 Kröpfe gehabt hat, einer größer als der andere, und doch endlich kraft dieser herrlichen Pillen wieder davon gänzlich befreit worden. Kann man sie hier machen, so bitte um das Recept; werden sie aber nur bei uns gemacht, so bitte gegen baare Bezahlung mir mit dem nächsten Postwagen etwelche Centner hierherzuschicken, Sie wissen meine Adresse.

Heute Nachmittag ist Probe vom 1. und 2. Act wieder im Zimmer beim Grafen, dann werden wir nichts als den 3. noch im Zimmer probiren, alsdann aber gleich aufs Theater gehen. Wegen den Copisten ist die Probe immer verschoben worden, über welches Graf Seinsheim fuchsteufelwild geworden.

Wegen dem sogenannten populare sorgen Sie nichts, denn in meiner Oper ist Musik für aller Gattung Leute, ausgenommen für lange Ohren nicht. – Apropos, wie ist es denn mit dem Erzbischof? Künftigen Montag wird es sechs Wochen, daß ich von Salzburg weg bin. Sie wissen mein liebster Vater, daß ich nur Ihnen zu Liebe in ... bin, denn bei Gott, wenn es auf mich ankäme, so würde ich, bevor ich dießmal abgereist bin, an den letztern Decret den H– g– haben; denn mir wird bei meiner Ehre nicht Salzburg, sondern der Fürst, die stolze Noblesse alle Tage unerträglicher; ich würde also mit Vergnügen erwarten, daß er mir schreiben ließe, er brauche mich nicht mehr, würde auch bei der grossen Protection, die ich dermalen hier habe, für gegenwärtige und zukünftige Umstände gesichert sein, – Todesfälle ausgenommen, für welche niemand stehen kann und welche aber einem Menschen von Talenten, der ledig ist, keinen Schaden bringen. Doch Ihnen zu lieb alles in der Welt, und leichter würde es mir noch ankommen, wenn man doch nur bisweilen auf eine[250] kurze Zeit wegkönnte, um Odem zu holen. Sie wissen wie schwer es gehalten hat, diesmal wegzukommen. Ohne große Ursache ist gar kein Gedanke nicht. Es ist zum Weinen, wenn man daran gedenkt, darum weg damit. Adieu.

Kommen Sie bald zu mir nach München und hören Sie meine Oper und sagen Sie mir dann, ob ich Unrecht habe, traurig zu sein, wenn ich nach Salzburg denke. Adieu.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 249-251.
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