154. Mozarteum.

[287] Wien 26. Mai 1781.

Sie haben ganz Recht, so wie ich ganz Recht hab mein liebster Vater! – Ich weiß und kenne alle meine Fehler; aber kann sich denn ein Mensch nicht bessern? – kann er sich nicht schon wirklich gebessert haben? – Ich mag die Sache überdenken wie ich will, so sehe ich, daß ich mir und Ihnen mein bester Vater sowohl als meiner lieben Schwester am Besten in Allen werde behelfen können, wenn ich in Wien bleibe. Es scheint als wenn mich das Glück hier empfangen wollte, mir ist als wenn ich hier bleiben müßte. Und das war mir schon so, als ich von München abreisete. – Ich freute mich ordentlich nach Wien und wußte nicht warum. – Geduld müssen Sie noch ein wenig haben, dann werde ich Ihnen bald in der That zeigen können, wie nützlich uns allen Wien ist. Glauben Sie sicherlich daß ich mich ganz geändert habe, – ich kenne außer meiner Gesundheit nichts Nothwendigeres als das Geld. Ich bin gewiß kein Geizhals, – denn das wäre für mich sehr schwer, ein Geizhals zu werden, und doch halten mich die Leute hier mehr zum Kalmäusern geneigt, als zum Verschwenden; und das ist zum Anfang immer genug. – Wegen den Scolaren kann ich so viel haben als ich will; ich will aber nicht so viel, – ich will besser bezahlt sein als die Andern, und da will ich lieber weniger haben. Man muß sich gleich anfangs ein bischen auf die hintern Füsse setzen, sonst hat man auf immer verloren, – muß mit den andern immer den allgemeinen Weg fortlaufen. Wegen der Subscription [auf die Sonaten] ist es ganz richtig – und wegen der Oper wüßte ich nicht warum ich zurückhalten sollte? – Graf Rosenberg [Hoftheaterintendant] hat mich da ich ihm zweimal Visite machte, auf die höflichste Art empfangen, und hat bei der Gräfin Thun mit van Swieten und Hrn. von Sonnenfels meine Oper [Idomeneo] gehört. Und da Stephanie mein guter Freund ist, so geht Alles. Glauben Sie mir sicher, daß ich nicht den Müssigang liebe, sondern die Arbeit. In Salzburg, ja das ist wahr, da hat es mich Mühe gekostet, und konnte mich fast nicht dazu entschließen. Warum? – Weil mein Gemüth nicht vergnügt war. Sie müssen mir doch[288] selbst gestehen, daß in Salzburg – wenigstens für mich – um keinen Kreuzer Unterhaltung ist. Mit vielen will ich nicht umgehen – und den meisten Andern bin ich zu schlecht. Für mein Talent keine Aufmunterung! – Wenn ich spiele oder von meiner Composition was aufgeführt wird, so ists als wenn lauter Tische und Sessel die Zuhörer wären. Wenn doch wenigstens ein Theater da wäre, das was hieße; denn in dem besteht meine ganze Unterhaltung hier. In München, das ist wahr, da hab ich mich wider Willen in ein falsches Licht bei Ihnen gestellt, da hab ich mich zu viel unterhalten. Doch kann ich Ihnen bei meiner Ehre schwören, daß ich bevor die Oper in Scene war, in kein Theater gegangen, und nirgends als zu den Cannabichschen gekommen bin. Das ich das Meiste und Stärkste auf die Letzt zu machen bekommen habe, ist richtig, aber nicht aus Faulheit oder Nachlässigkeit, sondern ich bin vierzehn Tage ohne eine Note zu schreiben gewesen, weil es mir unmöglich war. Ich hab es freilich geschrieben aber nichts ins Reine. Da ist dann freilich viel Zeit verloren; doch reuet es mich nicht. Daß ich hernach zu lustig war geschah aus jugendlicher Dummheit. Ich dachte mir wo kömmst Du hin? – nach Salzburg! Mithin muß Du Dich letzen! Das ist gewiß, daß ich in Salzburg nach 100 Unterhaltungen seufze, und hier – nach keiner einzigen; denn in Wien zu sein ist schon Unterhaltung genug. Vertrauen Sie sich sicher auf mich, ich bin kein Narr mehr, und daß ich ein gottloser undankbarer Sohn sei, werden Sie ja wol noch weniger glauben. Mithin vertrauen Sie sich ganz auf meinen Kopf und mein gutes Herz, – es wird Sie gewiß nicht reuen. – Wo hätte ich denn das Geld schätzen lernen können? – ich habe noch zu wenig unter den Händen gehabt. Ich weiß daß wie ich einmal 20 Ducaten gehabt habe, so glaubte ich mich schon reich. Nur die Noth lernt einen das Geld schätzen. Leben Sie wol liebster bester Vater! – Meine Schuldigkeit ist nun daß ich durch meine Sorge und meinen Fleiß hier das gut mache und ersetze was Sie durch diesen Vorfall verloren zu haben glauben. Das werde ich auch gewiß und mit 1000 Freuden! Adieu.

[289] P.S. So bald Jemand von dem Erzbischof seinen Leuten nach Salzburg geht wird das Portrait folgen. –Hò fatto fare la sopra scritta d'un altro espressamente, perchè non si può sapere – es ist keinem Schelm zu trauen.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 287-290.
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