253. Wiener Hofbibliothek.105

[453] Prag 31. Mai 1789.

Liebstes bestes Weibchen!

Den Augenblick komme ich an. – Ich hoffe Du wirst meinen letzten vom 23. erhalten haben. Es bleibt also dabei; – ich treffe Donnerstag den 4. Juny zwischen 11 und 12 Uhr richtig auf der ersten oder letzten Poststation ein, wo ich euch anzutreffen hoffe. Vergiß nicht Jemand mitzunehmen, welcher dann anstatt meiner auf die Mauth fährt. Adieu! Gott wie freue ich mich Dich wieder zu sehen! – In Eile.

Mozart.

Nach der Rückkunft machte Mozart sich sogleich an die Composition der Streichquartette, die ihm vom König Friedrich Wilhelm II. in Berlin aufgetragen worden war. Denn es waren in der That nicht die Schätze gewonnen, die er sich von dieser Kunstreise erhofft hatte. Und wenn er auch für das noch in demselben Monat Juni fertig gewordene reizende Quartett in D-dur durch eine kostbare goldene Dose mit 100 Friedrichsd'or belohnt wurde, so blieb doch seine Lage höchst traurig, zumal Constanze von Neuem schwer erkrankte.

In solchen Tagen war es, wo er, wenn er frühmorgens um 5 Uhr, wie es zu Zeiten geschah, spazieren ritt, einen Zettel in Form eines Receptes vor ihrem Bett zurückzulassen pflegte mit Vorschriften wie diese: »Guten Morgen, liebes Weibchen, ich wünsche, daß Du gut geschlafen habest, daß Dich nichts gestört habe, daß Du nicht zu jäh aufstehst, daß Du Dich nicht erkältest, nicht bückst, nicht streckst, Dich mit Deinen Dienstboten nicht erzürnst, im nächsten Zimmer nicht über die Schwelle fällst. Spar häuslichen Verdruß bis ich zurückkomme. Daß nur Dir nichts geschieht! Ich komme um – Uhr.«

Die Kosten, die ihm durch diese Krankheiten verursacht wurden, setzten ihn in Verlegenheiten, die zu wirklicher Bedrängniß führten. Er wandte sich darum wieder an den getreuen Puchberg. Die dabei berührte Hoffnung, »in kurzer Zeit in[454] bessere Umstände zu kommen«, gründete sich auf ein Anerbieten vom König von Preußen, das in einer Hofcapellmeisterstelle mit 3000 Thlr. Gehalt bestanden haben soll.

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Wiener Zeitschr. für Kunst etc., 1842, Nr. 79, S. 628.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 453-455.
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