LXXVIII.

[146] [Rand: Alaim.] Dschafer, der Barmekide, war eben so berühmt durch die Liebe zum schönen Geschlechte, als durch seine Großmuth und Redekunst, zwey Eigenschaften, welche das Herz der Frauen gewöhnlich unwiderstehlich an sich ziehen. Einst fragte ihn Harun Raschid, was seine Sklavinnen machten, und ob sie ihm Unterhaltung gewährten? Nicht länger als gestern Nacht, antwortete er, o Fürst der Rechtgläubigen, lag ich auf dem Bette zwischen zweyen derselben, deren eine aus Mekka, die andere aus Medina gebürtig ist, und die mir durch ihre sinnreichen Einfälle, und durch ihre ausgekramte Gelehrsamkeit nicht wenig zu lachen machten.

Die eine kitzelte mich zum Leben auf, die andre hielt mich ganz in ihrer Hand gefangen. Sie stritten sich, welcher von Beyden die Gunst des Genußes zuerst gebühre. Mir, sagte die aus Mekka, denn ich habe aus dem Munde Nafi's nach Ibni Omar[146] die Ueberlieferung des Propheten gehört: Wer eine todte Erde beackert, dem gehört sie. Nicht doch, sprach die Andere aus Medina, der Fang ist mein, denn der Prophet sprach, wie es uns Akarma, nach Ibni Abbas, aufbewahret hat: Das Wild gehört nicht dem, der es auftreibt, sondern dem der es fängt. Der Chalife lachte von ganzem Herzen, und fragte, ob diese beyden Sklavinnen feil wären. Dschafer schätzte sich glücklich, dies selben dem Fürsten der Rechtgläubigen als Zeitvertreib zu überlassen.

Quelle:
Hammer-Purgstall, Joseph Freiherr von: Rosenöl. Stuttgart/Tübingen: Cotta, 1813, S. 146-147.
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