CXVIII.

[247] Bedreddin Ebil Mahassin Jusuf Alnichmander [Rand: Alaim.], der im Jahre 630 der Hedschira Statthalter von Kairo war, erzählt: daß er eine Nacht in dem Zelte eines schwarzen Greises in Oberägypten zugebracht, und bey dieser Gelegenheit, zu seiner großen Verwunderung gesehen, daß die Kinder des Schwarzen weiß waren. Dieser erzählte, sie seyen die Frucht der Ehe mit einer Fränkin, die er zur Zeit der Züge Saladins, auf eine ganz besondere Art, zur Frau genommen.

Ich hatte, sprach der Greis, mich nach Kairo, von dort nach Syrien begeben, meinen Hanf zu verkaufen, und meine Wohnung in einem Karawanserai von Tripolis aufgeschlagen. Eine junge Fränkin, begleitet von einer alten, kam, sich um den Preis meines Hanfes zu erkundigen. Bezaubert von ihrem Ansehn und ihrer guten Art, wandte ich mich sogleich im vertraulichem Tone an die Alte, daß sie mir auf eine Nacht die Junge verschaffe. Wir kamen überein auf[247] fünfzig Dirhem, die ich ihr auf der Stelle auszahlte. Abends brachte ich so viel Schüsseln und Sorbete zusammen, als ich vermochte, und es war schon spät in der Nacht, als wir noch an der Tafel saßen. Da fiengen Gewissenszweifel mich zu peinigen an. Wie! sprach ich bey mir selbst, ich, ein so guter Moslim, sollte mich nicht schämen eine Christin zu berühren, und die Reinigkeit meines Glaubens mit ihr zu beflecken? Gott verzeih' mir's! Ich suche bey ihm meine Zuflucht wider die Versuchungen des Teufels; ich will sie nicht berühren diese Nacht. Ich legte mich dann allein schlafen, und als ich aufwachte, war meine Fränkin schon aus dem Staube. Einige Stunden hernach kam sie zurück mit der Alten, die mir einen ganz gewaltigen Prozeß an den Hals warf. Das Mädchen war noch um vieles reitzender und liebenswürdiger durch den Zorn, der ihr so gut ließ, und ich war zehnmal stärker in sie verliebt als des vorigen Tages. Ich bat die Alte, daß sie denn erlauben möchte, mein Unrecht die folgende Nacht gut zu machen. Beym Messias, schwur sie, du sollst sie nun nicht anders, als um hundert Dirhem haben; denn dies ist nicht mehr als billig, für den Schimpf, den du ihr angethan in der verflossenen Nacht. In Gottes Namen, antwortete ich, indem ich ihr die hundert Dirhem zuwog.

Die folgende Nacht dasselbe Abendmahl, dasselbe Vergnügen, dieselben Gewissensbisse, dieselbe Enthaltsamkeit,[248] und am folgenden Morgen derselbe Besuch, mit demselben Gesuch von Genugthuung. Für diesmal wollte sich aber die Alte mit nicht weniger als mit fünfhundert Dirhem begnügen. Ich war eben im Begriffe, ihr dieselben auszuzahlen, als ich den Gebetausruf und diese Worte deutlich von der Minare herab vernahm: O Rechtgläubige! der Vertrag, der zwischen euch und mir bestanden, ist aufgelöset. Diese Worte fielen mir aufs Herz wie eine Steinlast. Ich nahm die Wage und mein gegebenes Wort zurück. Ich verkaufte den Rest meines Hanfes und begab mich nach Damask, in der Absicht, dort eine Sklavin zu kaufen, und mir auf diese Art meine thörichte Liebe zur Fränkin aus dem Kopfe zu schlagen. Es war um diese Zeit, daß Saladin (Salahed-din) seine großen Siege über die Franken erfocht, und sich zum Herrn der ganzen syrischen Küste machte.

Da er mich als einen Kaufmann aus Oberägypten kannte, gab er mir den Auftrag, ihm eine Sklavin zu kaufen. Ich fand eine sehr schöne, die ich um neunzig Dukaten kaufte, und an Saladin für hundert verhandelte. Außer dem Gelde gab er mir noch die Erlaubniß, mir selbst auf dem Sklavenmarkte eine Sklavin auszulesen. Die erste, die mir in die Augen fiel, war meine Fränkin, die um fünf hundert Dirhem und um eine Nacht zu kurz gekommen. Ich kaufte sie grade um die zehn Dukaten, die ich im[249] Handel der Sklavin für Saladin so eben gewonnen hatte.

Ich fragte sie, ob sie mich erkenne? Ja, schwur sie, beym ewigen Gott, und bey seinem Abgesandten Mohammed! Ich sah mit Vergnügen, daß sie sich zum Islam bekehret hatte, und daß ich sie ohne Sünde berühren könnte. Ich nahm sie auf der Stelle zur Frau. Kurze Zeit darauf wechselte man die Gefangenen aus. Alle Weiber wurden zurückgegeben, nur die meinige war noch übrig. Der fränkische Abgesandte verlangte sie zurück. Ich zitterte, sie zu verlieren, und antwortete, daß sie Moslimin geworden. Sie selbst mußte erscheinen, um in Gegenwart des Abgesandten zu erklären, daß sie einen andern Glauben und Mann genommen, und daß sie weder den einen noch den andern verlassen wolle. Wenn's so ist, sprach der Abgesandte, so bleibt mir nichts übrig, als ihr dieses Angedenken von Seiten ihrer Mutter zu übergeben. Mit diesen Worten händigte er ihr zwey Börsen, jede von hundert und fünfzig Dukaten ein.

Seitdem hat sie immer mit mir gelebt; und so belohnet der Himmel diejenigen, welche ihre Begierden zähmen und dem Gebote der Religion unterwerfen. Der Umgang mit den Ungläubigen ist immer gefährlich und ansteckend; nirgends gefährlicher und ansteckender als im Bette.

Quelle:
Hammer-Purgstall, Joseph Freiherr von: Rosenöl. Stuttgart/Tübingen: Cotta, 1813, S. 247-250.
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