CXLVI.

[273] Ein Schulmeister gieng auf den Markt, in der Absicht, durch seine Redekunst ein Paar Pantosseln umsonst zu erhalten. Was kostet dies Paar? – Zwölf Pfennige. – Freund, du bist von der Sekte Mulhad, welche die zwölf Monate verehret – Nun, so gieb eilf. – Ey, das riecht nach Aberglauben an, Josephs eilf Brüder. – Zehen. – Das hieße der zehn Jünger des Propheten spotten. – Aber neun. – Glaubst du vielleicht, ich sey ein Jude, der an die neun Gebote Moses glaubt? – So will ich's denn um acht geben. – Gott behüte! das ist die Zahl der Engel, welche nach der Schrift den Thron Gottes tragen. – Nun, sieben wenigstens. – Scheust du dich nicht, so öffentlich die Lehre der Sabäer, die so viel auf Sieben halten, zu bekennen? – So bleiben wir denn bey sechs stehen. – Da bin ich zu gewissenhaft, denn das ist die Zahl der Schöpfungstage. – Aber wenigstens fünf. – Das ist ja die heilige Zahl der gesetzmäßigen täglichen Gebete. – Nun, so schließen wir mit vier ab. – Nein! den[273] vier rechtgläubigen Sekten will ich nicht zu nahe treten. – Drey. – Was, kannst du vergessen, daß die Religion die Zahl drey durch die Monate Redscheb, Schaban und Ramasan heiliget? – Zwey. – Ey, des abscheulichen Manichäers! – Nun, wie ich sehe, so soll ich bis auf eins herunterhandeln. – Gottloser Atheist. – Eins ist nur Gott. – Der Schuster, ein von Natur abergläubischer Mensch, sagte: Nimm die Pantoffeln in Gottes Namen hin, sonst verleidest du mir meinen Glauben noch ganz und gar.

Quelle:
Hammer-Purgstall, Joseph Freiherr von: Rosenöl. Stuttgart/Tübingen: Cotta, 1813, S. 273-274.
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