Achtzigste Geschichte

[71] geschah: Rabbi Jehude, der hat ein Weib, die ging auf den Markt un kauft Woll, die spinnt sie un ließ ein Mantel draus machen. Un wenn sie auf den Markt ging, da tät sie den Mantel an. Un wenn Rabbi Jehude wollt Tefille tun (beten), da tat er den Mantel auch an. Un allemal wenn er ihn antät da macht er ein Broche (Segenspruch) un sagt: »Gelobt sei Gott, der mich hat machen umwinden mit einem Mantel.« Un sie hatten den Mantel mächtig lieb. Sie hatten sonst keinen anzutun. Einmal gebot Rabbi Schimen ben Gamliel, der war ein Herr über die Jeschiwe (Lehrhaus), daß man sollt einen Tanis (Fasttag) machen. Da kam der Rabbi Jehude denselbigen Tag nit zum Tanis. Da sagten die anderen Rabbonim, Rabbi Jehude is nit hinnen. Da sagten sie wider: »Ei, er hat keinen Mantel, den er antut.« Da schickt ihm Rabbi Schimen einen Mantel. Da wollt ihn Rabbi Jehude nit annehmen. Un er hebt auf sein Deck, da er drauf saß, un sagt zu dem, der den Mantel gebracht hat: »Sieh, was Geld hab ich da.« Da geschah ihm ein Neß (Wunder), daß viel Geld dalag. Er sagt, es wär ihm doch nit lieb gewesen.

Quelle:
Allerlei Geschichten. Maasse-Buch, Buch der Sagen und Legenden aus Talmud und Midrasch nebst Volkserzählungen in jüdisch-deutscher Sprache, Nach der Ausgabe des Maasse-Buches, Amsterdam 1723, bearbeitet von Bertha Pappenheim, Frankfurt am Main: J. Kauffmann Verlag, 1929, S. 71.
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