[124] Lange Zeit, ehe die Dänen in Irland einfielen, lebte in Muskerri ein reicher Mann, der ein fleißiger Bearbeiter seines Landgutes[124] war. Da er stets sparsam gewesen war, so hinterließ er seinem Sohne nach seinem Tode mehrere Kisten und ein Dutzend große Strümpfe voll Goldstücke. Dieser dachte nun durchaus nicht daran, seinen Reichthum zu vermehren, sondern seine einzige Sorge war, sein Erbe unter die Leute zu bringen. Statt zu arbeiten, lief er auf den Jahrmärkten herum und erging sich mit gleichgesinnten jungen Leuten in allerlei Belustigungen, spielte und trank ganze Nächte hindurch und sprach nur von der Jagd und guten Hunden.
Ehe er sich's versah, waren die Kisten und Strümpfe leer und er suchte nun die Sparpfennige hervor, die sein Vater unter dem Dache und in andern Winkeln versteckt hatte. Als auch diese aufgezehrt waren, borgte er Geld auf sein Landgut und nahm sich vor, eine Mühle, die seinem Vater stets viel eingebracht hatte, zu beziehen und sich darauf durch fleißiges Arbeiten wieder aufzuhelfen. Doch sobald er wieder Geld in Händen hatte, vergaß er seinen guten Vorsatz und dachte erst wieder daran, als er den letzten Penny ausgegeben hatte. Dann aber führte er seinen Plan aus und ging nach der Mühle. Aber er fand dieselbe in einem Zustande, der ihn nicht zur Hoffnung auf bessere Zeiten berechtigte. Das Dach war eingefallen, die Räder waren zerbrochen, der Damm war so zerrissen, daß er keinen Fingerhut voll Wasser nach der Mühle führte und keine heile Wand war am ganzen Hause.
Still und traurig setzte sich Sculloge vor das verödete Haus und dachte über sein Schicksal nach. Da fiel ihm nun ein, daß sein Vater häufig an einem Steine, der vor ihm lag, herumgearbeitet hatte, und weil er glaubte, er habe vielleicht Geld darunter vergraben, machte er sich daran und wälzte ihn von seiner Stelle.
Er hatte sich nicht geirrt, denn bald hielt er einen Beutel mit fünfzig Guineen darin in der Hand und rief freudig aus: »Jetzt werde ich sicherlich Alles zurückgewinnen, was ich verloren habe!«
Anstatt nun die Mühle in brauchbaren Stand zu setzen und einen neuen Lebenswandel anzufangen, eilte er zu lustigen Brüdern und trank und spielte, bis seine Taschen wieder so leer wie vorher waren. Dann sprach er: »Jetzt werde ich mir ein Pferd borgen und zum letzten Male auf die Jagd reiten; morgen aber beginnt ein anderes Leben!«
Als er am Abende von der Jagd zurückkehrte und seinen Weg[125] durch eine einsame Thalschlucht nahm, sah er einen alten, närrisch aussehenden Mann im Grase sitzen und auf einem Brette den Würfelbecher zum Spiele bereit halten. Ein großer, wohlgefüllter Beutel lag neben ihm. Er fluchte, schimpfte und schrie, als ob ein Dutzend Spieler da säßen, und er war doch ganz allein und ließ seine rechte Hand gegen die linke spielen. Er schien die letztere zu begünstigen, trotzdem er nicht das geringste Glück damit hatte.
»Meine liebe Linke,« sagte er, als er ein neues Spiel anfing, »wenn du verlierst, so mußt du der Rechten eine große Mühle bauen; und du spitzbübische Rechte, mußt für deine Schwester ein großartiges Schloß mit hohen Thürmen und prächtigen Gärten bauen. Ich wette auf die linke, trotzdem ich weiß, daß sie verlieren wird. Was wettest du, junger Sculloge?«
»Ich habe nur sechs Pence,« erwiderte dieser, »und wenn du es erlaubst, werde ich sie auf die Rechte setzen.«
»Angenommen! Wenn du gewinnst, bekommst du hundert Guineen. Ich weiß, ich habe kein Glück, aber meine liebe Linke werde ich nie aufgeben!«
Darauf warf er die Würfel abwechselnd mit beiden Händen auf den Tisch. Die Rechte gewann und ein Krach ward gehört, als ob der Himmel einstürze. Als Sculloge um sich blickte, sah er eine Mühle in seiner Nähe, die in vollem Gange war.
»Hier ist dein Gewinnst,« sagte der Alte zu ihm und überreichte ihm einen Beutel mit hundert Guineen.
Merkwürdigerweise eilte Sculloge am nächsten Morgen nicht damit zum Wirthshause, sondern bezahlte seine Schulden und beauftragte einige Arbeiter, sein Haus wieder in den gehörigen Stand zu setzen.
Doch seine Liebe zur Jagd verlor er nicht und noch in derselben Woche ritt er wieder in den Wald. Auf seiner Rückkehr begegnete er wieder dem alten Narren und sprach zu ihm:
»Ich freue mich sehr, dich wieder zu sehen, denn deine Bekanntschaft hat mir Glück gebracht. Darf ich vielleicht deinen Namen wissen!«
»Spare die Complimente! Meines Namens brauche ich mich nicht zu schämen; ich bin der Elfen-Druide Lassa Buaicht und bin seit meiner Kindheit mit einer unersättlichen Liebe zum Spiele behaftet,[126] trotzdem ich nie gewonnen habe, noch jemals gewinnen werde. Ich wette stets auf meine linke Hand und wenn du mitspielen willst, dann setze dich nieder. Wenn du verlierst, so mußt du thun, was ich dir sagen werde, sobald das Spiel vorbei ist; du aber kannst dir gleich jetzt ausbitten, was ich dir geben soll!«
Sculloge verlangte nur seine alte Mühle in brauchbaren Zustand gesetzt zu sehen und da der Alte damit einverstanden war, begannen sie das Spiel. Der Druide verlor und murmelte einen unverständlichen Fluch vor sich hin. »Sobald du morgen früh aufstehst,« sprach er zu Sculloge, »sieh' dir einmal deine Mühle an!«
Dies war denn auch natürlich das erste, was Sculloge am nächsten Morgen that. Der Druide hatte sein Wort gehalten; denn die schönste Mühle von ganz Muskerry stand da und war in vollem Gange. Sculloge war seelenvergnügt; er eilte sogleich an die Arbeit und ward von dieser Stunde an ein arbeitsamer, tüchtiger Mann. Er verabscheute Karten und Würfel und die Schnapsflasche war ihm ein Gräuel. Das Einzige, was ihm noch fehlte, war eine Frau, damit er sich die langen Abende angenehmer vertreiben konnte.
Nun begegnete er einstmals dem alten Elfen-Druiden wieder und es dauerte nicht lange, so waren sie am Würfeln. Der Zauberer hatte eine schöne Frau zu besorgen, wenn er verlor, und Sculloge verpflichtete sich dagegen, ihm in allen Dingen Folge zu leisten. Er gewann wie gewöhnlich.
Sculloge ging an jenem Abend spät zu Bett, aber vor Tagesanbruch konnte er nicht einschlafen. Doch kaum hatte er einige Minuten geschlummert, da kam seine alte Haushälterin in sein Schlafzimmer gestürzt und rief: »Lieber Herr, wach' auf! Vor dem Hause steht eine fremde Frau, die wie eine Königstochter gekleidet und so schön ist wie – ja, ich weiß nicht wie!«
In seinem Leben hatte er sich nicht so schnell angezogen wie diesmal, obgleich er sich nicht mit seinem Alltagsanzug bekleidete. Als er die wunderschöne Frau erblickte, fiel er beinahe vor Entzücken auf die Knie. Uebrigens war er auch kein unansehnlicher Mann und er hatte sich besonders seit der Zeit, da er nicht mehr spielte und trank, bedeutend zu seinem Vortheile verändert.
»Ich war gezwungen,« redete ihn die Fremde an, »hieher zu kommen, einerlei ob ich wollte oder nicht. Lieber, daß ich jedoch[127] einen schlechten Mann heirate, möchte ich sterben. Ich glaube, daß du mich nicht gegen meinen Willen zwingen wirst.«
»Ich würde mir lieber die rechte Hand abhauen, als deinem Wunsche entgegenhandeln.«
Sie blieben also bei einander und liebten sich mit jeder Minute mehr und zuletzt blieb nichts Anderes übrig, als nach dem Pfarrer zu schicken, der sie zu einem Ehepaar machte.
Sie vergaß bald, daß sie die Tochter eines Königs war und arbeitete wie die fleißigste Bauersfrau, trotzdem er es gar nicht zugeben wollte. Auch that es ihrem Gemahle sehr leid, daß er ihr keine stattlichen Kleider kaufen konnte, da die mitgebrachten bei der Arbeit bald zerrissen waren; aber sie sagte stets, sie wolle lieber im einfachen Anzuge gehen.
»Weißt du was,« sagte er eines Abends zu ihr, »ich gehe wieder einmal zu dem Elfen-Druiden Lassa Buaicht und spiele mit ihm. Ich kann mit dem besten Gewissen um tausend Pfund wetten, denn es unterliegt keinem Zweifel, daß ich gewinne. Dann kaufe ich dir ein schönes Haus und kleide dich, wie es einer Königstochter geziemt!«
»Mein lieber Gemahl,« erwiderte sie, »wenn du weder mich noch dein Leben verlieren willst, dann darfst du mit diesem betrügerischen Alten nicht spielen. Ich habe geschworen, seine früheren Thaten nicht zu enthüllen; aber glaube mir nur und folge meinem Rathe.«
Obgleich Sculloge kein Wort mehr davon erwähnte, so waren seine Gedanken dennoch stets beim alten Druiden und eines Tages stahl er sich heimlich zu ihm. Dieser lächelte stillvergnügt, als er ihn kommen sah. »Um was sollen wir heute Abend spielen?« rief er ihm entgegen, »um zwei Mühlen, tausend Guineen oder noch ein Frau? Du kannst auch zehntausend Guineen auf meine rechte Hand setzen; im Falle daß du verlieren solltest, verlange ich nur, daß du meine Befehle ausführst!«
Sculloge wettete um zehntausend Pfund und das Spiel begann. Diesmal aber verließ ihn das Glück und das Gesicht des alten Druiden ließ nichts Gutes ahnen.
»Närrischer Sculloge,« sprach er zu ihm, »du darfst keine zwei Mahlzeiten von einem und demselben Tische essen und nie zwei Mal in dem nämlichen Bette schlafen, bis du mir die ›Fios Fath an aon Sceil‹ (vollständige Erzählung der einzigen Geschichte) und das ›Cloidheamh[128] Solais‹ (Schwert des Lichtes) vom Furch O'Duda (Rabe, Enkel von Soot), der im ›Donn Teagh‹ (braunes Haus) wohnt, gebracht hast!«
Als er zu Hause ankam, war er mehr todt als lebendig, und seine Frau sah ihm auf den ersten Blick an, was ihm begegnet war. Ohne ihn weiter deshalb zu befragen, fiel sie ihm um den Hals und sagte: »Lieber Mann, verzage nicht; Lassa Buaicht ist zwar stark und listig, aber er soll den Sieg doch nicht davon tragen.« Dann gab sie ihm die nöthigen Rathschläge und am nächsten Morgen führte sie ihm ihr schönes Pferd, auf dem sie gekommen war, vor und nahm zärtlichen Abschied von ihm.
Das Pferd trabte so leicht dahin, als berührten seine Füße den Boden gar nicht, und Sculloge sah an den Hecken und Bäumen, daß es mit Windesschnelle lief. Bald stand es vor einem großen Wasser, aber es hielt nicht ein, sondern ging so sicher über die Wellen, wie über eine Wiese.
Gegen Abend kam Sculloge an ein großes Schloß. Sobald ihn der Wächter bemerkte, ließ er gleich die Zugbrücke herab und führte ihn in das königliche Gemach, während dem einige Knechte das Pferd, das sie sehr gut zu kennen schienen, streichelten und liebkosten.
Der König und die Königin schienen dem Aussehen nach die Eltern von seiner Frau zu sein und als ihm diese einen Becher Weines reichen ließen, warf er, nachdem er ihn geleert hatte, Saav's1 Ring hinein und sandte ihn zurück. Sobald sie den Ring sahen, stiegen sie von ihren Thronsitzen und umarmten ihren Schwiegersohn. »Es ist nicht nöthig,« sagte die Königin, »zu fragen, ob es meiner Tochter gut geht; denn wenn sie irgendwie unzufrieden wäre, hätte sie dir den Ring nicht gegeben. Wenn du dich ausgeruht hast, werden wir dir sagen, wie du in Besitz der ›Fios Fath an aon Sceil‹ und des ›Cloidheamh Solais‹ gelangen kannst.«
Darauf führte man Sculloge in ein Schlafgemach und als er am nächsten Morgen ein stärkendes Frühstück zu sich genommen hatte, sprach sein Schwiegervater zu ihm:[129]
»Mein lieber Sohn, der Fiach O'Duda, Lassa Buaicht und ich sind Brüder. Lassa ist der jüngste und in mancher Beziehung der stärkste, er hat stets seinen ältesten Bruder wegen des Schwertes des Lichtes beneidet. Da ich nur allein die Macht besitze, dieses zu erlangen und er wohl weiß, daß ich Fiach kein Leid zufügen werde, so hat er mir meine Tochter gestohlen und dich dadurch in seine Gewalt gebracht. Jetzt denkt er nun, daß ich Saav nicht unglücklich machen, also dir zur Erlangung besagten Schwertes behilflich sein werde.
Fiach wohnt in einem Schlosse, das von drei Mauern umgeben ist und auf einer Haide im Süden liegt. Der Rappen, den ich dir morgen geben werde, wird am schnellsten das Thor der äußern Mauer erreichen, dann wird Fiach kommen und dich nach deinem Vorhaben fragen; du mußt alsdann auf deiner Hut sein.«
Sculloge setzte sich darnach auf den Rappen und ritt dem braunen Schlosse zu.
»Ich fordere dich auf, großer Fiach O'Duda,« rief er, als er vor der Außenmauer stand, »mir die ›Fios Fath an aon Sceil‹ zu erzählen und mir das ›Cloidheamh Solais‹ zu überliefern!«
Kaum hatte er ausgesprochen, so öffneten sich die Thore und ein großer Mann mit dunkler Hautfarbe und rabenschwarzem Haar trat ihm entgegen und schlug mit dem Schwerte nach ihm. Sculloge gab jedoch seinem Pferde eine geschickte Wendung, so daß er gar nicht und es nur unbedeutend beschädigt wurde.
Darnach kehrte er wieder nach Hause zurück. »Das ist Alles,« sagte der König zu ihm, »was wir heute thun können; der nächste Tag wird uns mehr Arbeit bringen!«
Den ersten Theil der folgenden Nacht verbrachten sie mit Essen und Trinken, den zweiten verplauderten und versangen sie und den dritten verschliefen sie.
Am Morgen machte sich Sculloge auf einem Schimmel nach dem braunen Schlosse. Die Außenmauer war inzwischen eingefallen, und als er vor die Thüre der zweiten Mauer kam, kam ihm Fiach mit einem mürrischen Gesichte entgegen und wollte Roß und Reiter mit seinem Schwerte zerspalten.
Sculloge aber war auf seiner Hut und er und das Pferd kamen wieder ohne bemerkenswerthen Schaden davon.
Die folgende Nacht wurde in derselben Weise wie die vorhergehende[130] verlebt und am Morgen darnach bestieg Sculloge das braune Pferd, das er mitgebracht hatte, und ritt nach dem Schlosse.
Da die zweite Mauer auch umgefallen war, so war er gleich im Hofe. Fiach brauchte er auch nicht zu rufen, denn dieser stand bereits mit seinem Schwerte vor ihm und holte zum vernichtenden Streiche aus. Doch Sculloge kam wieder glücklich davon und erreichte ohne einen Unglücksfall das Schloß seines Schwiegervaters.
Am Morgen darauf gab ihm dieser statt eines Pferdes eine Clarsech (kleine Harfe) und eine mit allerlei werthlosen Dingen gefüllte Tasche und schickte ihn wieder nach dem braunen Schlosse.
Als er in dessen Nähe kam, griff er in die Saiten und es kam ihm vor, als befände er sich plötzlich auf einer Wolke und genieße die Freude des zukünftigen Lebens. Die Bäume winkten ihm den Dank mit ihren Zweigen zu; das Gras bog sich und die wilden Raubvögel versammelten sich furchtlos um ihn. Die Diener Fiach's, die an der umgefallenen Mauer beschäftigt waren, ließen ihre Arbeit im Stich und stellten sich um den Sänger.
Nun öffnete Sculloge seine Tasche und zerstreute den Inhalt nach allen Winden. Die Arbeiter fielen wie rasend darüber her, da sie glaubten, es sei alles Gold. Während dieses Tumultes eilte er nun in's Schloß und kam in das Schlafzimmer Fiach's. Dieser schlief so fest, als sei er todt; das Schwert des Lichtes, welches das fensterlose Zimmer erleuchtete, hing neben dem Bette.
Sculloge nahm es von der Wand, zog es aus der Scheide und rief: »Fiach O'Duda, steh' auf und erzähle mir die ›Fios Fath an aon Sceil‹; um das ›Cloidheamh Solais‹ brauche ich dich nicht zu bitten, denn ich habe es bereits in meiner Rechten!«
Der Druide war so bestürzt, daß er gar nicht antworten konnte. Allmälig erholte er sich jedoch und erzählte die
»Fios Fath an aon Sceil«.
»Ich bin der älteste von drei Brüdern; Draoi und Lassa Buaicht sind die jüngsten. Da ich laut des Geburtsrechtes das berühmte ›Cloidheamh Solais‹ erbte, wurde ich stets von meinem jüngsten Bruder beneidet und er versuchte auch alles Mögliche, mir es zu entreißen. Da ich aber ebenfalls ein Druide bin, so konnte er mir nichts anhaben.
Doch um ihm aus den Augen zu sein und um die Welt ein[131] wenig zu sehen, ging ich nach Griechenland, woselbst ich mit dem Könige so gut bekannt wurde, daß er mir seine Tochter zur Frau gab. Beide verstanden Zauberei und er hatte einen Stab, mit dem er Alles in irgend eine Form verwandeln konnte. Diesen Stab aber stahl ihm meine Frau und nahm ihn mit sich nach Irland.
Als ich wieder in meiner Heimat angekommen und eines Tages auf die Jagd gegangen war, fanden meine Hunde einen wild aussehenden, aber schön gewachsenen jungen Mann in einem Gebüsche. Ich eilte auf ihr Gebell hinzu und da er seine Hände flehend gegen mich ausstreckte und ihm die hellen Thränen aus den Augen liefen, rief ich die Hunde zurück und nahm ihn mit nach Hause. Ich ließ ihm das Haar schneiden, schenkte ihm schöne Kleider und gab mir große Mühe, ihm das Sprechen beizubringen. Nie aber hätte ich geglaubt, daß er ein verkappter Bösewicht war, den mir mein Bruder zugeschickt hatte, um meine Frau zu verführen, und ihm zum Besitze des Schwertes des Lichts zu verhelfen.
Eines Tages kam ich von der Jagd zurück und hörte zwei Personen im Gebüsche flüstern. Ihre Stimmen waren mir bekannt und als ich deshalb etwas näher nachsah, entdeckte ich meine Frau in verdächtiger Umarmung mit ihrem Buhlen. Augenblicklich wollte ich ihm meinen Jagdspieß durch den Bauch jagen, als mich meine Frau sah und den Zauberstab auf mich warf, wornach ich zu einem Pferde ward.
Ich verlor jedoch die Besinnung nicht und versuchte den Verführer mit den Hufen zu zerstampfen, aber ehe ich ihn erreichte, war er auf einen Baum geklettert. Meiner Frau wollte ich Nichts zu Leide thun; doch alle Leute, die sie schickte, um mich einzufangen, biß und schlug ich dermaßen, daß sich Keiner mehr in meine Nähe wagte.
Kurz darnach schlug sie mich abermals mit dem Zauberstabe, wonach ich zum Wolf ward. Glücklicherweise hatte sie nicht die Macht, mich zu tödten; aber sie beredete ihren Vater, der sich damals in meinem Schlosse auf Besuch befand, Jagd auf mich zu machen und er fing mich auch.
Als mich gerade die Hunde zerreißen wollten, kam er selber auf mich zu; ich streckte ihm meine Vorderpfoten entgegen und heulte und weinte so wehmüthig, daß er mich mit nach Hause nahm. Seit dieser Zeit wich ich nicht mehr von ihm.[132]
Meine Frau und ihr Geliebter hatten inzwischen das ganze Haus nach dem Schwerte des Lichts durchsucht, sie hatten es nicht gefunden, da ich es zu gut versteckt hatte. Nun versuchte sie Alles, mich umzubringen.
Eines Tages sang sie unser Kind in den Schlaf und bespritzte es und mich mit Blut. Dann rief sie ihren Vater, zeigte ihm den blutigen Säugling und sagte, ich habe ihn gebissen. Dieser aber untersuchte das Kind genau und da er keine Wunde fand, nahm er die Zauberruthe, schlug mich und sprach: ›Hier ist ein Geheimniß; ich beschwöre dich, nimm deine natürliche Gestalt an!‹
Im nächsten Augenblicke stand ich als Mensch vor ihm und mein Weib verließ das Zimmer so schnell sie konnte. Doch sie ward bald wieder eingeholt und auf einen Stuhl gebannt. Der Verführer aber ward geknebelt und als ich meinem Schwiegervater den ganzen Sachverhalt getreu mitgetheilt hatte, schlug ihm dieser mit dem Zauberstab in's Gesicht und gleich stand ein häßlicher, buckliger Kerl vor ihm.
Meine Frau schrie und weinte vor Aerger und Scham und wagte nicht, einen von uns anzusehen. Der bucklige Kerl ward gleich darauf auf einem helllodernden Scheiterhaufen verbrannt.
Darauf fragte mich der König, was er mit seiner treulosen Tochter machen sollte; ich bat ihn, sie wieder mit nach Hause zu nehmen, was er auch that. Seit jener Zeit bin ich stets gegen die Umtriebe meines Bruders auf der Hut gewesen.
Aber nun sage mir auch, was dich bewog, meine Schloßmauern zu zerstören, und mir mein Schwert zu rauben? Ohne die Hilfe meines guten Bruders hättest du es nicht fertig gebracht.«
Sculloge erzählte nun seine ganze Lebensgeschichte und versicherte ihn, er würde nicht mehr lange ohne das »Cloidheamh Solais« sein und wegen seines bösen Bruders keine Mauern mehr brauchen.
Dann setzte er sich auf sein braunes Pferd und ritt durch das große Wasser nach Hause. Doch unterwegs begegnete er dem verschmitzten Lassa Buaicht und setzte sich neben ihn; dieser wandte kein Auge von der kostbaren Waffe und sprach: »Die Geschichte brauchst du mir nicht zu erzählen, denn ich kenne sie gut genug; gib mir nur das Schwert und es soll dir in Zukunft an Goldstücken nicht fehlen.«
»Wie soll ich dir's reichen?« fragte Sculloge.[133]
»Wie du willst!«
»Da hast du's, elender Wicht!« Und damit schlug er ihm den Kopf ab.
Dann ging Sculloge nach Hause, wo ein zärtlicher Empfang seiner harrte. Er verkaufte seilte Mühle und zog mit seiner Frau zu seinen Schwiegereltern wo Beide herrlich und in Freuden lebten.
Die Lords von Muskerry führen ihren Stammbaum auf dieses Paar zurück.
1 | Ein irländisches Wort (auch Sabh) von verschiedener Bedeutung, z.B. Phantasie, gute Gewohnheit, Geliebte, u.s.w.; hier bezieht es sich auf Sculloge's Frau. |
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