Na bufa fochs.
Die Feuerbläserin.
(Manacor.)

[32] Es gab einen Mann, der Wittwer war und eine sehr schöne Tochter hatte, der heirathete von Neuem. Die Stiefmutter konnte das Mädchen nicht ausstehen und quälte es sehr, bis sie es eines Tages aus ihrem Hause fortjagte. Das Mädchen weinte und weinte immerfort, dachte sich als Dienstmädchen zu verdingen und als es zu diesem Zwecke ein Haus aufsuchen wollte, erschien ihm eine sehr schöne Frau und frug, warum es[32] so viel weine; es erzählte ihr, dass die Stiefmutter es weggeschickt habe und dass es sich jetzt verdingen wolle. Jene Dame tröstete es und gab ihm zwei Flaschen, indem sie sagte:

– Wenn du dich mit dem Wasser der einen Flasche wäschest, wirst du sehr garstig werden, aber wenn du es aus der anderen nimmst, wirst du wieder sehr schön werden.

Jene Dame gab ihr auch drei Mandeln, damit es sie öffnen könne, wenn es einen Wunsch habe.

Sie wusch sich mit dem Wasser der ersten Flasche, ging fort in ein Haus und sagte:

– Guten Tag, könnt ihr nicht ein Dienstmädchen brauchen?

– Nein wir brauchen keines, antwortete die Dame.[33]

Die Köchin, welche dem Mädchen aufgemacht hatte, sagte zur Frau:

– Dame ich glaube, sie sollten sie nehmen, sie wird wenigstens zum Feueranblasen zu gebrauchen sein.

Sie blieb im Hause und alle hiessen sie die Feuerbläserin.

Eines Tages sagte sie zu ihm:

– Feuerbläserin decke doch den Tisch.

Und sie deckte auf und vergass das Salznäpfchen darauf zu setzen.

– Feuerbläserin das Salznäpfchen, schrie der Herr, der ein Sohn der Dame war. Die Feuerbläserin brachte ihm gleich das Salznäpfchen.

Am folgenden Tage deckte sie wieder auf und vergass eine Gabel zu legen.[34]

– Feuerbläserin, Salznäpfchen und Gabel fehlen auf dem Tische, schrie wieder der Herr und die Feuerbläserin brachte ihm die Gabel.

Der Herr konnte das Mädchen nicht leiden und wollte es nicht dulden.

Inzwischen ereignete es sich, dass man einen Ball in jenem Dorfe gab, auf den der Herr ging.

Die Feuerbläserin ging zur Dame und bat sie, dass sie ihr erlaube, ebenfalls hinzugehen und die Dame sagte ihr:

– Nein, mein Sohn soll hingehen und wenn er dich sehen würde, möchte er sich ärgern.

– Dämchen lasst mich gehen, er wird mich nicht erkennen.

– Nein, sagte wieder die Dame, wenn er es erfahren würde, möchte er sich ärgern.[35]

– Lassen sie mich gehen Dämchen, ich versichere sie, dass er mich nicht erkennen wird.

Sie bat so viel; bis schliesslich die Dame es zugab.

Sie ging nun weg, wusch sich mit dem Wasser aus jener Flasche, das schön machte, zerschnitt eine der Mandeln, die jene Dame ihr gegeben hatte, darin war ein rosenfarbiges Kleid, das zog sie an und ging auf den Ball.

Der Herr, der schon anwesend war, kam gleich wie er sie sah, auf sie zu, sagte ihr, dass er mit ihr tanzen wolle und schenkte ihr ein Armband. Als der Ball zu Ende war, wollte der Herr um jeden Preis sie heimbegleiten und sie wollte dies auf keinem Falle, endlich sagte sie ihm, dass, wenn er[36] sie nicht begleite, so werde er sie am folgenden Tag auf einem anderen Balle sehen und sie versicherte ihm, dass sie dahin kommen werde. So verabredeten sie es und sie eilte schnell davon, wusch sich wieder mit dem Wasser, welches hässlich werden liess und legte sich zu Bette. Als der Herr nach Hause kam, schlief sie schon und er konnte nichts bemerken.

Am folgenden Morgen ging der Sohn zur Mutter.

– Jesus, meine Mutter! Was für ein schönes Mädchen habe ich auf dem Balle gesehen, ich bin in dasselbe verliebt und ich will es heirathen.

– Aber wer ist sie?

– Ich weiss es nicht, sie war mir unbekannt, aber sie hat mir versprochen, dass sie heute Abend wieder[37] auf den Ball kommen wird und dass wir uns würden sehen.

Als es Abend war, kam die Feuerbläserin wieder zur Dame.

– Liebe Dame, er hat mich nicht erkannt, lasst mich auch heute hingehen.

– Nein, wenn er dich erkennen möchte würde er sich ärgern, dass ich dich hingehen liess.

– Dämchen, er wird mich nicht kennen, lasset mich hingehen.

So lange bat sie, bis es ihr erlaubt wurde, wieder hinzugehen.

Sie ging weg, wusch sich mit dem Wasser aus der Flasche, das schön machte, zerschnitt eine andere Mandel und fand darin ein ganz rothes Kleid.

Sie zog es an und ging zum Balle.[38]

Der Herr, als er sie sah, setzte sich gleich an ihre Seite, sagte ihr abermals, dass er mit ihr tanzen wolle und schenkte ihr Ohrgehänge.

Als es Zeit war, heimzugehen, wollte er sie begleiten, sie erlaubte es ihm nicht und sagte ihm, dass, wenn er sie nach Hause begleite, würde sie nicht mehr kommen, er solle sie allein gehen lassen und sie würde am folgenden Tage, an dem der letzte Ball war, wiederkommen. Er stimmte zu, nur um sie auf dem kommenden Ball wieder sehen zu können.

Als sie wieder zu Hause war, wusch sie sich mit dem anderen Wasser und legte sich zu Bette, ohne dass Jemand etwas bemerkte.

Am folgenden Tag ging sie zur Dame und sagte zu ihr:[39]

– Dame, er hat mich nicht erkannt, ich bitte, lasst mich heute Nacht wieder dahin.

– Nein, denn er wird dich diesmal erkennen und wenn er erfährt, dass ich dich hingehen liess, wird er sich ärgern.

– Dämchen, lasset mich noch den letzten Abend hingehen, er wird mich nicht erkennen.

Sie bat so lange, bis sie sie gehen liess.

Am Abend wusch sie sich wieder mit dem Wasser, welches schön machte, zerschnitt die andere Mandel und darin war ein Kleid, ganz himmelfarbig mit Gold gestickt, sie zog es an und ging zum Ball.

Dort kam der Herr, sowie er sie[40] sah, zu ihr, setzte sich an ihre Seite, tanzte den ganzen Abend mit ihr und schenkte ihr ein Brustnädelchen. Weil es der letzte Ball war, wünschte er sehr, sie nach Hause zu begleiten, um zu erfahren, woher sie sei, aber sie wollte es um keinen Preis und ging fort, ohne dass er es bemerkte.

Sie ging nach Hause, wusch sich mit dem anderen Wasser, welches garstig machte und legte sich zu Bett, ohne Jemanden etwas davon zu sagen.

Der Herr, als er sah, dass sie ihm entlaufen war, ging sehr traurig nach Hause, erzählte der Mutter alles, was ihm zugestossen war, und sagte ihr, dass er gehen wolle, um jenes Mädchen zu suchen.

Am folgenden Tag reiste er ab, um sie zu suchen und trug der Mutter[41] auf, sie solle schauen, ob sie auch etwas von ihr erfahren möchte.

Einige Tage nach seiner Abreise musste man ihm Brod schicken und die Feuerbläserin sagte zur Dame:

– Dämchen, wollt ihr, dass ich das Brod knete?

– Nein, wenn mein Sohn es erfährt, möchte er nicht davon essen.

– Er wird es nicht erfahren, Dämchen, lasset mich Brod kneten.

Sie bat so lange, bis die Dame endlich zustimmte.

Sie begann zu kneten und in jeden Laib Brod steckte sie ein Briefchen, welches hiess:


Erbe des Hauses

Wohin gehst du und woher kommst du

Das was du suchest

In deinem eigenen Hause hast du es.
[42]

Als der Herr das erste Brod brach, fand er das Briefchen, er las es und sehr befriedigt sagte er zu den Dienern, die ihn begleiteten:

Gehen wir, weil meine Mutter das Mädchen schon gefunden hat, meine Mutter hat es gefunden und voll Freude reiste er rasch ab.

Als er ankam fragte ihn seine Mutter:

– Hast du sie schon gefunden, dass du sobald zurückkehrst?

– Was wollen Sie sagen, haben Sie sie nicht gefunden, erwiderte er.

– Ich nicht.

– Sie haben es mir doch sagen lassen! und er erzählte ihr, was er in dem Brod gefunden hatte.

Um nicht zu verrathen, dass die Feuerbläserin das Brod geknetet habe,[43] sagte sie, dass es sehr sonderbar wäre und dass sie nicht wüsste, wie es war.

Der Sohn ging wieder fort, um das Mädchen zu suchen und beauftragte seine Mutter, sie solle es ihm mittheilen, wenn sie etwas erfahre.

Als man ihm wieder Brod schicken musste, sagte die Feuerbläserin wieder:

– Dämchen, lasset mich das Brod kneten.

– Nein, dass du mir wieder einen Streich machst, wie das letzte Mal, das will ich nicht.

– Dämchen, lasset mich das Brod kneten, er soll es nicht erfahren, dass ich geknetet habe.

So lange bat sie, bis sie sie kneten liess. Sie bereitete das Brod und steckte[44] in jeden Laib wieder ein Briefchen, welches dasselbe sagte:


Erbe des Hauses

Wohin gehst du, woher kommst du

Das was du suchest

In deinem eigenen Hause hast du es.


Als der Herr wieder das Briefchen las sagte er:

Dieses Mal wird es wahr sein; meine Mutter muss sie schon gefunden haben.

Und ganz befriedigt kehrte er nach Hause zurück.

Als er ankam, ging die Mutter auf ihn zu.

– Was bringst du dieses Mal? hast du sie schon gefunden?

– Nein ich habe sie nicht gefunden.

Und er sagte ihr, wie er wieder das Briefchen gefunden habe.[45]

Von dem Tage an fing er an zu kränkeln und vermochte sich nicht wieder auf den Weg zu begeben, um das Mädchen zu suchen. Er siechte dahin und verlor täglich mehr die Kräfte.

Eines Tages musste er sich zu Bette legen, man sollte ihm Süppchen geben und die Feuerbläserin sagte zur Dame:

– Dämchen, soll ich es ihm bringen?

– Nein, damit er im Stande wäre, dir die Suppenschale an den Kopf zu werfen, ich will es nicht.

– Erlaubt, dass ich es ihm bringe, ihr werdet sehen, dass er sie essen wird.

So lange bat sie, bis schliesslich die Dame sagte:

– Gehe, bringe es ihm.

Sie ging weg, goss das Süppchen in die Suppenschale, darauf that sie[46] das Brustnädelchen, dass ihr der Herr auf dem Balle gegeben hatte, dann stellte sie eine andere Suppe darauf, dann die Ohrgehänge, dann eine andere Suppe, dann das Armband und wieder eine andere Suppe darauf und so brachte sie es ihm.

Als der Herr sie sah begann er zu schreien:

Augenblicklich hinaus, ich will sie nicht hier darin haben, ich will sie nicht sehen.

– Lieber Herr, verkosten sie doch, sie werden sehen, dass sie gut ist.

– Nein, ich will es nicht.

– Verkosten sie, es wird ihnen schmecken.

– Nein, geh hinaus.

– Lieber Herr, essen sie eine.

– Nur damit du weggehst, und er[47] ass die obere Suppe und als er das Armband fand, erstaunte er und sagte:

– Du weisst von meinem Mädchen; du kannst mir sagen, wo es ist, gestehe, wer dir dies gab.

Sie sagte nichts weiteres als:

– Lieber Herr, essen sie die andere, die noch viel besser sein wird.

Er ass sie und fand die Ohrgehänge.

– Esst auch die andere, die noch besser ist.

Und er ass sie und fand das Brustnädelein.

– Du kannst mir schon sagen, wo mein Mädchen ist, du weisst es.

– Wollen sie sie sehen?

– Ja und sofort.

Die Feuerbläserin wusch sich mit dem Wasser, zog das rosenfarbige[48] Kleid an, zeigte sich dem Herrn und fragte:

– War es diese?

– Ja sie war es, das ist mein Mädchen.

Sie ging wieder weg, zog das rothe Kleid an und fragte wieder:

– War es diese?

– Ja sie war es.

Und sie ging wieder weg, um das himmelblaue, ganz mit Gold gestickte Kleid anzuziehen und fragte wieder:

– War es diese?

– Ja sie war es, ja meine Mutter, diese ist mein Mädchen.

Nach wenigen Tagen war er gesund, sie heiratheten und beide lebten, bis sie starben.

Quelle:
Erzherzog Ludwig Salvator: Märchen aus Mallorca. Würzburg, Leipzig: Verlag der Kaiserlichen und Königlichen Hofbuchhandlung von Leo Woerl, 1896, S. 32-49.
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