92. Frau Sophiens Handschuh.

[141] Imhofs handschriftl. Chronik von Hessen und Thüringen. Fol. 33.

Grimm Nr. 559.


Als Sophia mit ihrem dreijährigen Sohne aus Brabant nach Hessen kam, zog sie gen Eisenach und hielt eine Sprache mit Heinrich, Markgraf von Meißen, daß er ihr das Land Thüringen wieder herausgäbe. Da antwortete der Fürst: »Gern, allerliebste Base, meine getreue Hand soll dir und deinem Sohne unbeschlossen sein.« Wie er so im Reden stund, kam sein Marschall Helwig von Schlotheim, zog ihn zurück und sprach: »Herr, was wollt ihr thun? Und wär' es möglich, daß ihr einen Fuß im Himmel hättet, und den andern zu Wartburg, viel eher solltet ihr den aus dem Himmel ziehen und zu dem auf Wartburg setzen.« Also kehrte sich der Fürst wieder zu Sophien und sprach: »Liebe Base, ich muß mich in diesen Dingen bedenken und Rath meiner Getreuen haben«, schied also von ihr, ohne ihrem Recht zu willfahren. Da ward die Landgräfin betrübt, weinte bitterlich und zog den Handschuh von ihrer Hand und rief: »O du Feind aller Gerechtigkeit, ich meine dich, Teufel! nimm hin den Handschuh mit[141] den falschen Rathgebern«; warf ihn in die Luft. Da wurde der Handschuh weggeführt und nimmermehr gesehen. Auch sollen diese Räthe hernachmals keines guten Todes gestorben sein.

Quelle:
Wolf, Johann Wilhelm: Niederländische Sagen. Leipzig: Brockhaus, 1843, S. 141-142.
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