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[277] Aus »Oorspronck van Neerlandt«, Manuscript in dem Stadtarchive von Gent, Copie des Pater J.B. d'Oberwert. Gütigst mitgetheilt durch den Archivisten der Stadt Gent, Herrn Prudenz van Duyse.
Es ist einmal geschehen, daß ein reicher Pachter, der zwischen Brügge und Audenburg wohnte, mit einer Fuhre Holz gen Brügge fahren wollte, um dieß daselbst zu verkaufen. Da kamen ihm unterwegs drei Soldaten entgegen und fragten, ob er ihnen das Holz überlassen wollte, worauf der Pachter sprach: »Ich muß nach Brügge fahren«, denn er fürchtete, von den Soldaten keine Bezahlung zu bekommen, sondern Schläge, wie er es oft vor vielen Leuten als Wahrheit erklärt hat. Da sprachen aber die Soldaten: »Habet keine Angst, wir werden euch gut bezahlen, und ihr sollet das Holz mit uns fahren in unsern Forst.« Und da ist der Pachter mit ihnen gefahren, denn er fürchtete seine Pferde zu verlieren und selbst Gefahr zu leiden. Und als er in den Forst kam, welcher, wie er glaubte, in der Nähe von Audenburg lag, da warf er das Holz all von seinem Wagen herab, und weil es gerade sehr heiß war, begehrte er von den Soldaten etwas zu trinken. Darauf sprachen sie: »Geht in den Keller.« Und als er in den Keller kam, der ihm ein verfallen Haus zu sein däuchte, da sah er eine große Menge von Soldaten, die lagen, als wenn sie schliefen. Und da zog einer den Zapfen aus[277] einem Fasse, woraus Wein lief, der so roth war, wie Blut, und deß lief so viel, daß alle bis an die Knöchel darin standen; die Soldaten aber blieben liegen und schliefen. Da sprach einer von den drei Soldaten zu dem Pachter: »Sehet wohl zu und behaltet, was ihr hier sehet, und betrachtet das als ein Vorzeichen dessen, was in der Umgegend von hier geschehen wird, denn da soll so viel Volk erschlagen werden, wie ihr hier liegen sehet, und das Blut wird laufen und vergossen werden, wie dieser rothe Wein, den ihr da sahet ausrinnen, und verschlänge es die Erde nicht durch ihre Dürre, man würde bis an die Knöchel darinnen waten.« Mit dem verschwanden plötzlich die drei Soldaten, und der Pachter sah nichts mehr und war sehr in Furcht, und hat sein Holz wieder auf den Wagen geladen und nach Haus gebracht, wo er männiglich von der Erscheinung erzählte.
Viele haben den Pachter anfangs für einen Lügner gehalten, aber es ist alles so geschehen und hat sich also zugetragen, wie er gesagt hat (bei der Belagerung von Ostende im Jahre 1599).