[335] 240. Pieters-Rode.

Mündlich von Piot.


Dieß ist eine Ruine in der Nähe von Aerschot. Ehedem war es ein prächtiges Schloß, und dieß gehörte einem Herrn aus der Familie Merode. Dieser Herr war ein gewaltiger Jäger, aber dabei zugleich ein gar frommer Mann. Er hörte jeglichen Morgen, wenn er von der Jagd kam, eine Messe in der Kapelle seines Schlosses, und seit vielen Jahren hatte er diese Messe nie versäumt. Eines Morgens aber blieb er lange auf der Jagd, und da die Stunde schon längst vorbei war, zu welcher er wiederzukehren pflegte, so begann der Geistliche die gewohnte Messe; doch kaum hatte er dieselbe angefangen, als der Burgherr von der Jagd zurückkam.[335]

Sogleich trat einer der Knappen zu ihm und meldete ihm, daß die Messe schon im Gange sei und er sich eilen müsse, wenn er noch ein Stück von derselben haben wolle. Darob ergrimmte Herr von Merode auf das allerhöchste, er stürzte zur Kapelle und erschoß den Geistlichen am Altare.

Seitdem muß er jegliche Nacht in einer glühenden Kutsche, die mit schwarzen Pferden bespannt ist und auf deren Bocke ein feuer- und flammensprühender Kutscher sitzt, durch die Allee nach dem Schlosse fahren. Zu gleicher Zeit springen alle Thüren von selbst auf, ein fürchterliches Geheul durchhallt die Säle und Gänge, und dieß dauert so lange, bis es Eins schlägt, worauf Kutsche und Pferde verschwinden und die gewohnte Ruhe rückkehrt.

Quelle:
Wolf, Johann Wilhelm: Niederländische Sagen. Leipzig: Brockhaus, 1843, S. 335-336.
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