554. Luftiger Tanz.

[648] Mündlich.

Jaek van de Velde in der Wodana. I, S. 34.


Es waren einmal Zigeuner nach Herzeele gekommen, und die hatten in einem Thälchen daselbst ein Seil gespannt, auf dem sie luftig sprangen und tanzten. »Ei sieh doch«, sagte ein kleiner Junge zu seinem Spielkameraden, »so möchte ich auch tanzen können.« – »Nichts leichter, als das«, entgegnete einer der Zigeuner, der in der Nähe stand; »hier hast du ein Pülverchen, wenn du das aufgegessen hast, dann kannst du so gut tanzen, als wir.« Der Junge nahm das Pülverchen ein und wurde mit einem Male so leicht zu Fuße, daß er fast nicht mehr auf der Erde gehen konnte. Die mindeste Bewegung, die er machte, schwang ihn auf, und er tanzte auf den Kornähren, die Bäume hinauf, ja selbst bis zur Spitze des Kirchthurmes. Das kam den Leuten im Dorfe verdächtig vor und um so mehr, als sie bemerkten, daß der Junge nicht mehr zur Kirche ging.[648] Darum ließen sie den Pfarrer kommen, und der beschwur ihn mit Sankt Jans Evangelium, und kaum war das geschehen, als es mit dem Tanzen aus war und aus blieb.

Quelle:
Wolf, Johann Wilhelm: Niederländische Sagen. Leipzig: Brockhaus, 1843, S. 648-649.
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