1500. Gespenstige Katzen.

[285] a) Zu einem Burschen von Bürglen gesellte sich eines Abends, da er nach Schattdorf z'Gass ging, eine grosse schwarze Katze. Es mögen bald 90 Jahre seither verflossen sein. Ihre Augen glitzerten wie Feuer und starrten ihn unverwandt und boshaft an, so dass er jeden Augenblick einen Angriff von ihr erwartete. Um sich im Ernstfall zu wehren, nahm er einen Stein vom Boden auf und trug ihn in seiner Hand. Erst als er das Gebiet von Schattdorf betrat, verschwand das unheimliche Tier.


David Imhof.


b) Auch Biderma-Sepps Daniel, etwa 40 Jahre alt, erzählt: So bei Zunachten ging ich vom Dorf Unterschächen durch das alte Gässchen heimwärts gegen die Ribi. Da sah ich eine kleine Strecke vor mir eine schwarze Katze auf einer Haglatte »grüppä«. »Diä wird scho gah«, sagte ich zu mir selber, »susch chasch-i de mal mit dym Rietli verstaikä.« Als ich bei ihr ankam, wagte ich es doch nicht, sie zu stören. Man sagt ja nicht umsonst, man solle zur Nachtzeit keiner Katze etwas zuleid tun. Gerade vor meine Füsse sprang sie hinunter, hob ihren Schwanz senkrecht in die Höhe, sträubte ihre Haare und funkelte mit den Augen. So begleitete sie mich eine Strecke weit, und ich glaubte jeden Augenblick, mit den Füssen auf sie zu treten, so nahe blieb sie mir. Es wurde mir doch etwas bange. Endlich beim Ahorn auf dem Stutz, an dem ein Kreuz befestigt ist, verliess sie mich und strich in das Gebüsch.

Ähnliche Geschichten werden häufig erzählt, und man sagt: »Der d'Nacht sind all schwarz Chatzä-n-alt Häxä.« Ein Sprichwort heisst: »Der d'Nacht sind all Chatzä schwarz.« (Im Kt. Tessin: »Da nočč tütti gatti son negr.«)

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 285.
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