|
[159] a) Ein Bäuerlein war an den Bettelstab gekommen. Eines Tages begegnete ihm auf seiner Wanderung ein feiner, nobel gekleideter Herr, redete es freundlich an und fragte, wohin es gehe. Die Freundlichkeit des vornehmen Herrn tat dem Bettler wohl, und er öffnete ihm sein Herz und erzählte seine Not und sein Elend. Da versprach ihm der Herr Geld genug, wenn er ihm das überlasse, was er zu Hause hinter dem Ofen antreffe. Das arme Mandli dachte, die zerrissenen Strümpfe und Hudelhosen hinter dem Ofen könne der Herr schon haben, und schlug ein. Mit einem Sack voll Geld kehrte er heim. Als er die Stubentüre öffnete, rief er jubelnd: »Frau, jetzt haben wir Geld genug!« Doch die Frau war nicht in der Stube. Er schaute ins Stübli, und da lag sie im Bette, und hinter dem Ofen wimmerte leise (het g'mymeret) ein neugeborenes Knäblein! Es half nichts, dass auch die Mutter, der er jetzt alles erzählte, in seine Klagen einstimmte und mit ihm bittere Reuetränen vergoss. Das arme Kindlein war des Teufels; der Vater hatte es ihm verschrieben und den Vertrag mit seinem eigenen Blute unterzeichnet. So wollen wir es wenigstens gut und christlich erziehen, dachten sie und leiteten das aufwachsende Büblein zu einem braven, tugendhaften Leben an. Aber jedesmal, wenn sie es anschauten, schlichen sich Tränen in die Augen der Eltern, und öfters fragte es: »Vater, Mutter, was weinet ihr doch immer, wenn ihr mich anschauet?« Aber sie hielten es geheim. Es wurde ein gelehrter Priester aus ihm. Und da mussten sie ihm endlich klaren Wein einschenken. »Und wenn ich des Teufels bin, so müsst ihr es mir sagen!« – »Ja, und das bist«, bekannten sie kleinmütig und erzählten unter Tränen, wie es[159] gekommen. Da zog sich der Geistliche in die Einöde zurück, wurde Einsiedler und führte ein so strenges, heiliges Büsserleben, dass ihm ein Engel Gottes jeden Tag das Brot vom Himmel brachte. Eines Tages wartete er vergeblich auf die Wunderspeise, und als am folgenden Tage der Gottesbote wieder erschien und er ihn fragte, warum er ausgeblieben, erhielt er zur Antwort, er habe einen Sünder »z'Himmel b'leitet.« – »So, so! einen Sünder! – Ja, wie viele Engel haben denn diesem Sünder das Geleite gegeben?« fragt jetzt der Waldbruder. – »Sieben«, spricht klar und gelassen der Engel und schaut ihn so an. »Und mich! Wie viele Engel werden einst mich in den Himmel geleiten?« wundert der Einsiedler. »Ich«, erwidert der Engel. »Lieber will ich mit sieben Teufeln zur Hölle fahren, als mit dir allein in den Himmel!« schreit jetzt zornig der hochmütige Büsser. Einen barmherzigen Blick schenkt ihm der gute Engel und verschwindet. Dem Klausner war es nicht recht, dass er so gesprochen, doch fuhr er im gleichen System fort. Als es zum Sterben kam, erschien ihm noch einmal der Engel und fragte, was er jetzt lieber wolle. Und er wollte lieber mit sieben Teufeln in die Hölle als mit dem einen Engel allein in den Himmel.
Tobias Lussmann, 24 Jahre alt, Silenen.
b) Der Teufel wollte das, was der Bauer hinter der Haustüre finden werde. Der Bauer dachte nach: »Jä, hinder der Hüstirä, was isch eppä da? Eppä d'Ax, der Zapyh, der Grebel und seeligä Grimpel.« Zu Hause war die Frau ihrer Niederkunft nahe. Nun ging auf einmal die Haustüre auf, und sie ging hinaus und schloss wieder. Da konnte sie aber nicht mehr weiter, und die Geburtswehen überfielen sie, und der Bauer fand sie und das Kind bei seiner Rückkehr hinter der Haustüre.
Jos. Maria Zberg, 75 Jahre alt, Silenen.
c) Das Büblein wurde christlich und brav erzogen, studierte und wurde Priester. Erst jetzt vernahm er, dass er dem Teufel verschrieben sei. Ging zum Waldbruder, zum Zauberer – Räuberhauptmann. Der begleitete ihn zur Hölle, sagte ihm aber, dort werde ein Teufel ein Papierchen fallen lassen, das solle er packen, aber rasch! Denn sofort werde ein Teufel darauf los schiessen. Als sie in der Hölle waren, liess wirklich ein Teufel ein Zettelchen fallen; der Geistliche wusste sich seiner zu bemächtigen. Es war sein Verkaufsschein! und nun[160] war er befreit. Er sagte zum Zauberer: »Du hast mir einen grossen Dienst getan, ich werde dir auch einen erweisen.« Unter einer Tanne setzten sie sich, der Priester redete dem Räuber so schön zu, dass dessen Herz vor Reue in drei Stücke zerbarst ... Hochmut und Verderben des Waldbruders wie oben.
Jos. Maria Baumann, 67 Jahre alt, Bauer, Kutscher etc., von Gurtnellen.
d) Sie erzogen das Büblein recht und fromm. Es hatte ausgezeichnete Talente, studierte sehr hoch, kam auf die Universität und wollte Geistlicher werden. Nun war der Vater schon alt und fühlte den Tod herannahen. Da eröffnete er eines Tages dem Student das Geheimnis, dass er dem Teufel verschrieben sei. Da syg-er z'erscht äso erschmyet, der Student, aber hernach fasste er sich doch und sagte: »Wir wollen nicht verzagen.« Und er ging und beschwor den Teufel, und der musste erscheinen. Da sagte er zu ihm: »So, jetzt will ich auch einen Bund mit dir machen. Wenn du mir diese Nacht bis zum ersten Hahnenschrei ein Haus aufbauest fix und fertig bis ins Dach, dass kein Nagel fehlt, so soll meines Vaters Bund gelten, wenn nicht, so sei er null und nichtig.« Der Teufel ging auf diesen Vorschlag ein, und der Bau wurde in Angriff genommen und schritt zum Erstaunen rasch voran. Sobald der Student merkte, dass der Bau noch vor Hahnenschrei fertig würde, ging er auf das Dach, machte schnell ein Loch darein und nahm einen Nagel weg. Kaum war das geschehen, zeigte auch schon der gehörnte Zimmermann auf das fertige Haus. Wie aber der Hahn krähte, zeigte der Student den fehlenden Nagel. Geschlagen musste der Teufel von dannen gehen.
Fr. Nell-Gisler, Schächental.