1274. Der Geissbub und der Teufel.

[166] a) Ein fauler Geissbub wünschte den Teufel herbei, dass er ihm die Geissen hüte. Es ging aber nicht lange, kam der Teufel und sagte: »Da bin ich bereit, wenn ich dir die Geissen hüten soll. Welchen Lohn gibst du mir?« Ganz chrüttig anerbot ihm der Bub ein Stück aus seinem Leibe, und der Teufel war zufrieden und hütete den ganzen Sommer hindurch prächtig die Geissen. Am Morgen holte er sie ab, und am Abend brachte er sie bis zum Gaden. Der Bub konnte faulenzen. Als am Herbst der Teufel seinen Lohn forderte, gab ihm der Bub in einer schönen Kiste einen Schibel von seinem eigenen Mist! Der war ja aus seinem Leib. Solchen zu produzieren hatte er im Sommer vollauf Zeit gehabt. Aber man sagt nicht umsonst »dummer Teufel.« Im nächsten Sommer anerbot er sich dem Bub wieder zum Hüten, sagte aber: »Wenn du mir am Herbst nicht sagen kannst, wie ich heisse, so bist du mein.« Der Bub schlug ein und übergab dem Teufel die Ziegen und noch eine Anzahl Schafe und lebte lustig und fröhlich. Als aber der Herbst herannahte, wurde es ihm angst. Er ging endlich zu einem Kapuziner und klagte ihm seine Not. Der machte dem leichtsinnigen Schlingel schwere Vorwürfe, liess sich aber angesichts seiner Jugend durch seine rührenden Bitten zuletzt doch erweichen und befahl ihm, zu der und der Stunde, die er nannte, an einem bestimmten Platze hinter einem Baum sich zu verstecken, und zwar drei Tage nacheinander. Es werde dann der Teufel da vorbeikommen, und[166] da solle er die Ohren spitzen und sich genau merken, was der Herr rede. Der Geisser machte es so. Schon am ersten Tage kam der Teufel an dem Versteck vorbei und sagte halblaut vor sich hin: »Es ist gut, dass dieser Mann nicht weiss, dass ich Spitzbärtel heiss.« So auch am zweiten und dritten Tage. Den Spitzbärtel vergass der Geissbub nicht, und als am Herbst der Teufel kam, um ihn zu packen, rief er ihm schon von weitem entgegen: »Ja ja, Spitzbärtel, komm nur!« Aber Spitzbärtel verschwand.


Jos. M. Arnold, Unterschächen.


b) Handbub zu Alpgnof im Maderanertal zu faul, Holz zu holen. Teufel brachte ihm so grosse Bürde, dass er den ganzen Sommer genug hatte. Bub schiss ihm einen Haufen auf eine Schindel: »Da hesch etz eppis us mym Lyb.« Ohne Fortsetzung. Mit den Worten: »Undank isch doch der Wält Lohn« trollte sich der Teufel davon.

e) Ganze Erzählung Geissbub. Aus ihm wurde später der Chriäsibüeb, von dem im Maderanertal die Urispiegel-Geschichten erzählt wurden.


Andreas Fedier, 46 Jahre alt, Maderanertal, und a.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 166-167.
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